Weiter geht’s in der Reihe zu türkischen Getränken. Nach Çay und Ayran folgt nun Salep – das ultimative Wintergetränk. Denn die kalte Jahreszeit steht vor der Tür und mit ihr auch der Genuss wärmender, würziger Heißgetränke.
In einigen türkischen Haushalten greift man an den Wintertagen zu Salep, einer milden, milchigen Alternative zum Punsch oder Glühwein. Doch was genau ist Salep?
Der Name des Getränks geht auf das für den Geschmack verantwortliche Saleppulver zurück, welches aus den Knollen von wilden Orchideen gewonnen wird. Das Wort ist abgeleitet vom Arabischen “sahlab” (سَحْلَب) und bedeutet so viel wie “vom Fuchs” und spielt auf die Form der Knollen ab, denen eine Ähnlichkeit mit Fuchshoden nachgesagt wird.
Saleppulver wird an vielen Orten konsumiert, die Teil des Osmanischen Reiches waren. Als traditionelles Wintergetränk wird es beispielsweise auch in Syrien und Palästina getrunken. Neben der Weiterverarbeitung zum Heißgetränk wird das Pulver auch zur Herstellung von Eiscreme, Kosmetik und Arzneimitteln verwendet.
Der steigende Konsum führte zum lokalen Aussterben der Pflanzenarten in Teilen der Türkei und des Irans. Um dem entgegenzuwirken, formulierte der türkische Staat einen Aktionsplan…
Doch zurück zur Pflanze.
Orchideen essen? Aber klar!
Die Pflanze mit den wertvollen Knollen gibt sich über der Erdoberfläche als schöne Orchidee zu kennen. Für die Herstellung des aromatischen Pulvers werden nur ihre Knollen getrocknet und zermahlen.
Ungefähr 150 verschiedene Orchideen-Spezies beherbergt die Türkei. Die größte Vielfalt und die meisten einheimischen Arten findet man in der Provinz Muğla im Südwesten des Landes. Aus 80 verschiedenen knolligen Orchideenarten wird Salep gewonnen.
Für die Produktion “erwachsener” Knollen müssen die Pflanzen 2 bis 16 Jahre alt sein. Bei der Ernte wird jedoch die komplette Pflanze herausgerissen, sodass für die Ernte im kommenden Jahr keine Pflanze mehr bleibt.
Die jährliche Ernte beträgt 30-40 Millionen Orchideen. 10 Tonnen Salep werden durchschnittlich jedes Jahr exportiert, ungefähr das Doppelte wird innerhalb des Landes verkauft.
Stetige und zum Teil unkontrollierte oder illegale Ernten führten in den vergangenen Jahrzehnten dazu, dass die Zahl einiger Orchideenarten ein kritisches Niveau erreichte. Folglich verbot das Türkische Ministerium für Landwirtschaft und Ländliche Angelegenheiten den Export und die Ernte von Wildpflanzen, wenn auch nur in Waldgebieten.
Das Allgemeine Direktorat für Forstwirtschaft der Türkei formulierte außerdem einen sogenannten Salep-”Aktionsplan”, der von 2014 bis 2018 aktiv war und einen nachhaltigeren Anbau von Salep und den Schutz der Pflanzen in seiner natürlichen Umwelt vorsah.
Aufgrund dieser Maßnahmen stieg in den letzten Jahren der Handel mit künstlichen oder anderen natürlichen Alternativen stark an.
Salep, Milch, Zucker, Zimt – fertig!
Das zähflüssige Heißgetränk wird mit heißer Milch zubereitet – typischerweise im Winter. Die Herstellung ist einfach: man koche Saleppulver mit Zucker in Milch auf und serviere es im Anschluss mit darüber gestreutem Zimtpulver.
Um trotz der strengeren Regulierungen der hohen Nachfrage entgegen zu kommen, brachten Getränkehersteller Instant-Versionen des Getränks auf den Markt, die oft künstliche Aromastoffe enthalten. Hier ist die Zubereitung noch einfacher: Wasser oder Milch aufkochen, in eine Tasse mit der Mischung rühren, fertig!
Das aromatische Getränk gilt übrigens auch als perfektes Getränk zum Einschlafen und ist deshalb insbesondere für Kinder geeignet.
Besonderes Aroma und Heilkräfte
Orchideen faszinieren die Menschheit schon seit über 3000 Jahren, und zwar nicht nur mit ihrer Ästhetik, sondern auch mit ihren medizinischen Eigenschaften.
Bereits im Antiken Rom wurden aus den Knollen von Orchideenpflanzen Getränke hergestellt, die man Satyrion und Priapiscus nannte. Die Namen gehen auf die griechische Mythologie zurück und geben einen Hinweis auf die aphrodisierende Wirkung, die man dem Pulver zusprach.
Der im 16. Jahrhundert berühmt gewordene Schweizer Arzt und Alchemist Paracelsus schrieb:
“Man betrachte die Satyrion-Wurzel. Hat sie nicht die Form der männlichen Geheimteile? Niemand kann dies verweigern. Die Magie entdeckte sie und offenbarte, dass sie die Männlichkeit und Leidenschaft eines Mannes wiederherzustellen möge.”
Die Rezeptur für das heute bekannte Salep geht vermutlich auf den Versuch von türkischen Völkern zurück, ein wärmendes Getränk für die kalten Wintermonate zu finden, das keinen Alkohol enthielt. Denn seit sie im 8. Jahrhundert zum Islam konvertiert waren, galten alkoholische Getränke als Tabu.
Erste Aufzeichnungen zur Pflanze sind aus dem 12. und 13. Jahrhundert zu finden, wo sie in den medizinischen Rezepten der Ärzte am Hof der osmanischen Sultane auftaucht. Es heißt, dass die Sultane Salep vor allem für seine aphrodisierende und immunstärkende Wirkung schätzten. Die letztere ist auf das in dem Pulver enthaltene Glucomannan zurückzuführen, das die Schleimbildung unterstützt und besonders bei Husten und Bronchialerkrankungen nützlich ist.
In der Blütezeit des Osmanischen Reichs breitete sich das Getränk in weiten Gebieten des Nahen Ostens aus und gelangte sogar bis nach Deutschland oder England, wo man es unter dem Namen saloop kannte.
Übrigens: Salep kommt aufgrund seiner bindenden, wasserspeichernden Eigenschaft als Zutat bei dem für die Türkei typischen Eis, dem Maraş dondurması, zur Verwendung. Es verhindert das vorzeitige Schmelzen der Eiscreme und verleiht ihr die zähe Konsistenz.
Falls ihr Appetit bekommen habt, ihr findet Salep in den meisten türkischen Supermärkten in den Regalen zwischen Tee und Kaffee.