Synth-Pop aus Istanbul

İndie İstanbul – Jakuzi

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Matze, Redakteur bei renk., hat das Glück, immer mal wieder türkischen Musiker*innen über den Weg zu laufen. Ganz wortwörtlich: Wenn er in Istanbul ist, lernt er ständig Menschen kennen, die Teil der Istanbuler Indie-Szene sind. Diesmal ist er auf einem Konzert in Beyoğlu dem Sänger der Synth-Pop-Gruppe Jakuzi begegnet, deren Debütalbum „Fantezi Müzik“ hohe Wellen in der türkischen Indie-Szene schlägt. Einen Monat später trafen er sie auf dem Epic Fair Musikfestival unter den Palmen von Izmir für ein kurzes Gespräch.

Von Beyoğlu nach Berlin

Jakuzi, über deren Musikvideo „Bir Düşmanım Var“. renk. schon mal berichtet hat, gründeten sich Anfang 2016. Das Synth-Pop-Duo des Sängers Kutay Soyocak und Bassisten Taner Yücel hat ihr erstes Album, das eine Mischung aus Lo-fi, elektronischen Beats und Soyocaks Barotonstimme ist, zuerst auf bandcamp und sogar auf Kassette veröffentlicht.  Kurz danach wurde das Berliner Label City Slang auf sie aufmerksam, auf dem sie ihr Debütalbum „Fantezi Müzik“ im März 2017 noch einmal veröffentlicht haben. Bald geht die Gruppe, jetzt als Trio mit Schlagzeuger Can Kalyoncu, auf Tour in Europa – dabei machen sie auch Halt in Hamburg, Köln und Berlin. Auf Bildern lassen sich die Sonnenbrillen tragenden Jungs durch ihre gestellten Gesichtsausdrücke nichts von ihrem Verhalten auf der Bühne anmerken. Da tobt sich der ganz in schwarz gekleidete Soyocak aus, während Yücel und Kalyoncu voller Energie für die Musik sorgen.

Wegen ihres Synth-Sounds, der Fäden von Dark Wave und Synth-Pop verwebt, wird die Band oft mit unterschiedlichen Musikgruppen verglichen, darunter bekannte Namen wie Joy Division und Depeche Mode. Andere bemerken die Ähnlichkeit zum Krautrock, was die Gruppe selbst bestätigt. Vergleiche mit Özdemir Erdoğan findet Soyocak nicht passend; am ähnlichsten sei ihrem Sound aber İbrahim Tatlıses, erzählt er, während Yücel und Kalyoncu im Hintergrund lachen.

„Das Gefühl, das die Musik rüberbringt, kommt an, egal in welcher Sprache.“

Nostalgisch aber neu

Viele Zuhörer*innen meinen, dass die Musik der Gruppe ein Gefühl von Nostalgie verkörpere; etwas, dem das Trio jedoch widerspricht. „Es hat etwas mit dem Ton und der Ästhetik zu tun, glaube ich“, erklärt Soyocak. „Weil ein ähnlicher Sound auch in den 80ern benutzt wurde, werden solche Vergleiche gemacht. Aber wir haben eigentlich keine Verbindung zu einer bestimmten Musikepoche. Und das streben wir auch nicht an.“ Und doch ist es eine erfolgsversprechende Mischung, auf die sich die drei da eingelassen haben – ohne den Anschein zu machen, nur zu kopieren.

Für das Album fiel Soyocak, der sich vorher mit anderen Projekten beschäftigt hatte, das Schreiben der Songs leichter als zuvor. Einige davon sind skurril oder sarkastisch, wie zum Beispiel in „Belki Sen De Haklısın“ (dt.: Vielleicht hast du auch Recht): „Nur weil ich keinen Bock hatte, habe ich nicht mit dir gesprochen“, so heißt es in einer Zeile. Yücel erklärt: „Wir fragen uns mittlerweile ganz banale Fragen, wie, ‚Gefällt mir das persönlich? Ja oder Nein?’ Die Musik ist unterhaltsam, aber die Texte haben gleichzeitig eine dunkle Seite“, meint Soyocak. Manche Songs wecken wohl ein dunkles Gefühl der Tristesse in den Herzen der Zuhörer*innen. Im ersten Stück des Albums, „Her An Ölecek Gibi“ (dt.: Als ob wir jeden Moment sterben würden) betrauert Soyocak eine gescheiterte Beziehung: „Ein schwarzes Loch erschien und hat uns beide geschluckt“. „Ich wollte, dass die Songtexte einfach und klar bleiben, dass die Message, die ich rüberbringen möchte, alle ohne großes Gelaber erreicht.“ erklärt er.

Über Sprachbarrieren hinaus

In der türkischsprachigen Musik ist der Sound der Gruppe neuartig und noch relativ unbekannt. Daraus ziehe die Gruppe ihre Motivation  – denn sie können die türkischsprachige Szene bereichern. Mit dem Wechsel zum City Slang Label und ihrer bevorstehenden Tour gewinnt das Trio jedoch auch an ein internationalem Publikum, vor allem in England, wo sie zum Beispiel schon in Radiosendern wie der BBC gespielt werden, und auch bereits hier in Deutschland. Das bedeutet aber nicht, dass sie gleich ins Englische wechseln. Yücel sagt, „Das Gefühl, das die Musik rüberbringt, kommt an, egal in welcher Sprache.“

Fantezi Müzik erschien im März 2017 und ist bei City Slang erhältlich. Auch auf Spotify kann man reinhören, um sich auf die Konzerte Ende Mai einzustimmen!

 

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Fotos: Ece Irmak Tulçalı

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