adressarrow-left Kopiearrow-leftarrow-rightcrossdatedown-arrow-bigfacebook_daumenfacebookgallery-arrow-bigheader-logo-whitehome-buttoninfoinstagramlinkedinlocationlupemailmenuoverviewpfeilpinnwand-buttonpricesine-wavetimetwitterurluser-darwinyoutube
Gesellschaft & Geschichten

Claudia Marschner – Mit Autohupen ins Glück

Eine poetisch, ironische Kurzgeschichte die uns Claudia Marschner zukommen lassen hat und die wir prompt vertont haben.

Mit Autohupen ins Glück!

Wie kommen junge Türken unter die Haube?
Jede Freundschaft braucht wohl seine Geheimnisse.
So auch eine DeutschTürkische Freundschaft. Die Berlinerin, Claudia Marschner,
lernt, lebt und arbeitet seit dreißig Jahren mit ihren türkischen Freunden, Nachbarn und
Kollegen. Eine türkische Hochzeit blieb ein Geheimnis – neben vielen
Geheimnissen, die der Freundschaft die Spannung erhalten.

Eine Autohupe in Berlin bedeutet „Bist Du zu blöde, oder watt?!“
Ein Hupkonzert bedeutet: „Ben seni seviyorum. Wir heiraten.“
Ein Blumen geschmückter Autokorso. Schicke Fahrer, die bunte Tücher aus den Fenstern wehen lassen, sind hupende Eskorte für ein junges Brautpaar. Türkische Bräute in weißem Tüll, Organza und Blumen im Haar wecken eine Erinnerung an Lady Diana. Jubelnde Menschen auf den Strassen säumten ihren Weg zur Westminster Abby.

Ich stehe mit meinem Auto an einer Kreuzung zum Kurfürstendamm.
Ich sehe die Hochzeitskutsche und hupe – selbstverständlich wie eine Amateurin. Irritiert sieht das Brautpaar zu mir herüber und hält mich für jene berühmte Berliner Einhupe. Ich wedele vermittelnd mit meinen Armen aber beide wenden ihren Blick rasch auf die Fahrbahn; sie wollen sich den Tag nicht versauen lassen. Einen Moment später macht einer der ersten Fahrer eine San Fransisco Wende, fährt einen Bogen, lässt den Motor aufheulen und landet – mit quietschenden Reifen – an meinem Fahrerfenster: „Wieso hupen Sie denn?“
Ich atme mein stotterndes Herz frei. Er ist es – in Nadelstreifen auf dem Asphalt der City-West: Serpico. Seine Blicke fordern etwas.
Dann platzt das Kindheitstrauma endgültig aus mir heraus: „Passen Sie mal auf!
Hätten mich meine alten Schulkameraden Lutfige, Zeynep und Dilaver Isikli zu ihrer
Hochzeit eingeladen – dann wüsste ich jetzt, wie man hupt…..Also….dreimal kurz, fünfmal lang, gefolgt von viermal enorm lang. Er muss lachen – ich glaube, weil ich ihn ebenfalls gesiezt habe. Sein Gesicht entspannt sich und er fährt weg.
Ich denke: „Wie jetzt? Kurz vor meinem  Wissensdurchbruch fährt er weg.
Das ist doch Fahrerflucht.“ Er hätte mich doch mitnehmen müssen.

Einige Monate später besuche ich einen türkischen Frisörsalon. Ich hülle mich in die Aura einer Spionin, lese unauffällig die Gala und rede über das Wetter. Meine Tarnung wird mit einer Garnrollen-Gesichtsfolter beendet. Damla drückt den Faden an meine Oberlippe und an meine Brauen. Sie presst, surrt und reißt mir mein Geheimnis aus dem
Gesicht: „Sag mal, Damla…bist Du schon verheiratet?“ Damla lacht. Ich komme zu spät. Sie ist bereits seit vielen Jahren verheiratet. Ich bin enthaart, enttarnt und mein Gesicht glüht. Die Hoffnung stirbt erst am Ende und am Ende bin ich noch nicht.
Damla wäscht meine Haare und wickelt mir einen Turban,  unter dem ich meinen neuen Plan schmiede: „Ich sollte ein Hamam aufsuchen, um den Unverheirateten einen GPS Sender in die Taschen zu schmuggeln. Ich könnte auch auf Wallraffs Spuren
wandeln und in einer türkischen Fotoagentur anheuern.

Ja…das könnte mich in eine türkische Hochzeitsgesellschaft einschleusen.


Credits
Text: Claudia Marschner
Sprecherin: Jülide Gülgeç
Soundmix: Jef Van – Soundvision Cologne

Nächster Artikel

Musik & Tanz

Die Baba Zula-Philosophie

    Lust auf Lecker Newsletter?