adressarrow-left Kopiearrow-leftarrow-rightcrossdatedown-arrow-bigfacebook_daumenfacebookgallery-arrow-bigheader-logo-whitehome-buttoninfoinstagramlinkedinlocationlupemailmenuoverviewpfeilpinnwand-buttonpricesine-wavetimetwitterurluser-darwinyoutube
Sprache & Literatur

Irgendwo in Zentralasien

Eine kleine Einführung in die türkische Sprache

Wir werfen einen Blick auf die Gemeinsamkeiten des Türkischen mit anderen sogenannten Turksprachen, auf die türkischen Sprach-Reformen des 20. Jahrhunderts und auf die knifflige Grammatik des Türkischen.

Als jemand, der Türkçe spricht, bist du in guter Gesellschaft: 70 Millionen Menschen sprechen es, hauptsächlich in Türkiye („Türkei“), aber auch in Almanya („Deutschland“), Yunanistan („Griechenland“), İngiltere („England“) und Amerika („USA“). Mit einer ordentlichen Portion Mimik und Gestik kannst du dich sicher auch mit den 25 bis 35 Millionen Menschen verständigen, die Aserbaidschanisch sprechen, nämlich in Azerbaycan („Aserbaidschan“), Rusya („Russland“), Afganistan („Afghanistan“), Suriye(„Syrien“), Ermenistan („Armenien“), Gürcistan („Georgien“) und im İran („Iran“).

Die Turksprachen

Viele Türken schauen heutzutage aserbaidschanisches televizyon programları, und umgekehrt genauso, wodurch sich die Sprachen einander annähern. Weitere Türk dilleri („Turksprachen“) sind östlich von Istanbul bis nach Çin („China“) und nördlich bis nach Sibirya („Sibirien“) verbreitet. Dazu gehören Özbekçe, Kazakça, Uygurca, Türkmence, Tatarca, Kırgızca, Sahaca, und viele kleinere Sprachen. Alle sind zwar untereinander eng verwandt, trotzdem sollte man die Behauptung, türkische Muttersprachler würde man auch in Kyzyl and Yakutsk verstehen, eher mit Vorsicht genießen. Mimik und Gestik helfen östlich des Kaspischen Meers, Hazar Denizi, nur in Verbindung mit einem iyi bir sözlük, also mit einem guten Wörterbuch.

Bergige Landschaft.

Die Herkunft der türkischen Sprache: Irgendwo in Zentralasien.

Der umstrittenen altaischen Hypothese zufolge haben Türkçe („Türkisch“), Moğolca(„Mongolisch), Korece („Koreanisch“) und Japonca („Japanisch“) einen gemeinsamen Ursprung im Altai-Gebirge, Altay Dağları, das an China, Kasachstan, Russland und die Mongolei grenzt. Es gibt dort Inschriften, die an nordische Runen erinnern (was allerdings eher von der gemeinsamen Praxis herrührt, die Zeichen in den Stein zu meißeln, als von historischen Gemeinsamkeiten).

Diese Inschriften geben Aufschluss darüber, dass sich im 8. Jahrhundert tatsächlich Türken im Orhun Vadisi, dem Orchon-Tal, aufgehalten haben. Dennoch zweifeln die meisten Sprachwissenschaftler die These der altaischen Sprachfamilie stark an. Die bisher präziseste Antwort auf die Frage nach dem Ursprung des Türkischen lautet also: Orta Asya’da bir yerlerde – „irgendwo in Zentralasien“.

Die Sprachreformen im 20. Jahrhundert

Atatürk als Lehrer

Mustafa Kemal Atatürk 1928 in Kayseri.

Was das moderne Türkisch angeht, kommt man an einem Namen nicht vorbei: Atatürk! Mustafa Kemal Atatürk war der erste Präsident der Cumhuriyet, übersetzt: „der Republik“. 1926 begann er mit einer ganzen Reihe von Reformen, den sogenannten devrimler, die jeden Aspekt des türkischen Lebens grundlegend änderten. Der Zweck war, sich Avrupa („Europa“) zu nähern. So verbannte die sogenannte şapka devrimi(„Hutrevolution“) die fes, eine traditionelle Kopfbedeckung, aus dem öffentlichen Leben, und 1934 mussten sich die türkischen Bürger Nachnamen geben. Viele Familien wählten Namen wie Öztürk („reiner Türke“), Demirel („eiserne Faust“) oder Yıldırım(„Blitz“). Kemals eigener Nachname, der „Vater der Türken“ bedeutet, wurde ihm vom türkischen Parlament verliehen.

Auch die Sprache blieb nicht unberührt von Atatürks Reformen. Im Osmanlı İmparatorluğu („Osmanischen Reich“) hatte die Schriftsprache des Türkischen aus dem Arap alfabesi („arabischen Alphabet“) bestanden. Innerhalb nur weniger Monate wurde nun der Wechsel zum lateinischen Alphabet vollzogen.

Atatürk war sich angeblich nicht zu schade, selbst mit karatahta ve tebeşir („Tafel und Kreide“) bis in entlegene türkische Dörfer zu reisen, um dort die Reformen bekannt zu machen.

Mit dem neuen Alphabet wurden die Sonderbuchstaben „ç“ und „ş“ eingeführt, die für die Laute [ch] (wie in Chips) und [sh] (wie in **Schiff) stehen. Das „c“ diente fortan als Verschriftlichung des [dsch]-Lautes, wie in ***Dschungel. „Ğ“ wird im Türkischen als yumuşak ge („weiches g“) bezeichnet. Es ist so weich, dass es kaum wahrnehmbar ausgesprochen wird, wobei es oft sogar nur den Vokal verlängert, der davorsteht.

Mann im Taurusgebirge.

Falls es dich also in das Toros Dağları („Taurusgebirge“) verschlägt, denk daran, es so auszusprechen: [daaa-la-ruh].

 „Ü“ und „ö“ werden ziemlich gleich ausgesprochen wie im Deutschen. Der Buchstabe „i“ hingegen wurde zweigeteilt: Das „İ“ und „i“ – der Punkt wird in Groß- und Kleinschreibung gesetzt – klingt beispielsweise im Wort İmparatorluğu wie das deutsche „I“. Der Klang des „I“ und „ı“ hingegen, beispielsweise in rakı – der feurige türkische Anisschnaps –, ist etwas schwieriger zu erklären. Er klingt eher dumpf, im Deutschen ähnlich einem kurzen [e] am Ende eines ungebeugten Verbs, wie in kommen.

Worte werden erfunden

Atatürk hat außerdem für die Beseitigung von Lehnwörtern aus dem Arabischen und Farsça („Persischen“) gesorgt, die damals bis zu 88% des Wortschatzes im Lisân-ı Osmânî(„osmanischen Türkisch“) ausmachten. Diese Vokabeln wurden durch diverse Begriffe ersetzt: durch Wörter aus dem sogenannten kaba Türkçe („raues Türkisch“) der ländlichen Bevölkerung, durch wiederausgegrabene Wörter aus dem Alttürkischen und aus anderen Turksprachen. Französische Vokabeln wurden übernommen – und manche auch einfach spontan erfunden, wie okul („Schule“).

Doch nicht alle türkischen Bürger akzeptierten die Reformen des Türk Dil Kurumu („Instituts für die türkische Sprache“). So sagen Türken auch heute noch kitap („Buch“), wie im Arabischen. So unvollständig die Reformen Atatürks auch gewesen sein mögen, sie waren irreversibel und fortschrittlich. Die Änderungen, die sie mit sich brachten, waren so massiv, dass Atatürks berühmte 36-stündige Rede (Nutuk) von 1927 dreimal ins moderne Türkisch übersetzt wurde: 1963, 1986 und 1995.

Moderne türkische Grammatik könnte man wohl am besten als klebrig beschreiben (oder auch agglutinierend, wenn man es linguistisch fassen möchte), da der Großteil der Informationen in den Endungen steckt, die an die Wörter gehängt werden.

Türkische Grammatik

So besteht arkadaşlarımla („mit meinen Freunden“) aus: arkadaş+lar+ım+la (wörtlich: „Freund-e-meine-mit“). Und yaramazlaştırılamayabilenlerdenmişsiniz bedeutet „du wirkst wie jemand, der einfach nicht bösartig sein kann“. Okay, zugegebenermaßen ist Letzteres eher ein konstruiertes Monstrum; ein sogenannter tekerleme(„Zungenbrecher“), um dil bilimciler („Linguisten“) abzuschrecken. Die ünlü uyumu(„Harmonie der Vokale“) sorgt dafür, dass die meisten Endungen dem jeweiligen Wortstamm angeglichen werden.

„Mit meinen Freunden“ lautet demnach arkadaş+ım+la, während „mit meinem Manager“ mit müdür+üm+le übersetzt wird, und „mit meinem Bruder“ mit kardeş+im+le. Aber keine Bange: Türkçe kelimeler uzun ve karmaşık görünseler de, nasıl oluştuklarını bildiğiniz zaman düzenli ve mantıklı bir dil olduğunu anlarsınız! Auf Deutsch: „Türkische Wörter wirken zwar lang und schwierig, aber wenn du erst einmal weißt, wie sie gebildet werden, merkst du, was für eine regelmäßige und logisch aufgebaute Sprache es ist!“

Praktische Redewendungen

  • Merhaba! – „Hallo!“
  • Memnum oldum. – „Freut mich, Sie kennenzulernen.“
  • Teşekkür ederim. – „Dankeschön.“
  • Güle güle! – „Auf Wiedersehen!“ (hier aus der Perspektive der Person, die bleibt)
  • Hoşça kal! – „Auf Wiedersehen!“ (hier aus der Perspektive der Person, die geht)
  • Adam başına bir kilo baklava çok mu fazla? – „Ist ein Kilo Baklava pro Person zu viel?“
  • Gerçekten kibarlıktan değil — daha fazla yersem ölebilirim. – „Nein, wirklich, das sage ich nicht nur aus Höflichkeit – wenn ich noch mehr esse, platze ich.“
  • Yağlı güreş için nerede kaydolabilirim? – „Wo kann ich mich für den Öl-Ringkampf anmelden?“

 

Dieser Artikel erschien ursprünglich im Babbel Magazin

Autor: Richard Aslan

Fotos: Wikimedia Conmons, Gaia Dergi Magazin

Nächster Artikel

Essen & Trinken

Auf die Freiheit!

Über bayerischen Raki

    Lust auf Lecker Newsletter?