„Die Schwere muss raus“ – im Gespräch mit Senay Duzcu

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Senay Duzcu ist die erste weibliche deutsch-türkische Standup-Comedian in Deutschland. Wir haben sie an einem kalten und verregneten Sonntag auf ein Heißgetränk in einem Cafe im schönen Kölner Agnesviertel getroffen. Um uns herum krähen Kinder und kauen Erwachsene: Familienbrunch. Senay erzählt, welcher Witz am besten ankommt und warum sie Deutschlernern empfiehlt, sich einen französischen Akzent zuzulegen.

Vor einigen Jahren hast du den deutsch-türkischen Freundschaftspreis erhalten. Es hieß, du würdest mit deinem Programm eine Brücke zwischen den Kulturen bauen. Machst du das wirklich? Und wenn ja, wie?

Ich denke ja. Lachen und geteilte Emotionen bringen Nähe. Ich versuche in meinem Bühnenprogramm beide Kulturen zu spiegeln, und das auf eine fluffige Art. Die Schwere muss raus. Ich halte nicht viel von Integration durch Seminare und Ähnliches. Wir brauchen Empathie füreinander, und diese kann nicht durch rationales Denken erzeugt werden. Ich vergleiche das manchmal mit einer Beziehung oder Ehe: Wenn das Gefühl füreinander nicht da ist, kannst du es auch nicht herbeidenken oder -reden.

Senay Duszu

Warum bist du Stand-up-Comedien geworden?

Ich hab früher nie gedacht, dass ich etwas zu sagen hätte. Ich wurde als Kind von meinen Eltern sehr eingeschränkt. Jetzt darf ich viel sagen, wenn ich auf der Bühne stehe. Ich möchte einfach nur meine Sicht auf die Dinge zeigen. Wenn die jemand gut findet, freue ich mich. Und ich mache gern Menschen glücklich. Das sind die Gründe, warum ich heute Stand-up-Comedien bin. Generell mache ich das immer so: Ich stelle mir über meine Dimension heraus vor, was ich will, und arbeite dann darauf hin.

Welche Witze kommen am besten an?

Das variiert von Stadt zu Stadt. Man muss wirklich darauf achten, dass man den selben Witz nicht überall macht oder Leuten verbal auf die Füße tritt. Ich denke auch, dass deine Haltung auf der Bühne gut sein muss. Du darfst auf keinen Fall bedürftig wirken: Bitte, bitte habt mich lieb und lacht. Das funktioniert einfach nicht. Dann kommt kein Witz gut an. Die Leute riechen das. Deutsche lachen immer an den Stellen, wo sie sich selbst wieder erkennen. Der einzige Witz, der wirklich immer bzw. überall funktioniert, ist mein Einstieg ins Programm: „Hallo, ich bin die Senay, ich komme aus der Türkei, aus der viertgrößten Stadt, genauer gesagt aus Duisburg.“

Senay Duszu

Welche Rolle spielen Stereotype und Vorurteile in deinem Programm?

Eine Große. Die Leute sind ganz scharf drauf. Die fragen sich: Warum macht der Mann oder die Frau das so? Die wollen Antworten darauf. Ich habe auch die Fragen von Journalisten als Inspiration für mein Programm genommen. Die fragen mich immer: Warum macht das deine Mutter? Warum durftest du nicht raus als junges Mädchen, als Muslimin? Was denken deine Eltern darüber, dass du auf der Bühne Stand.up-Comedy machst? Der stillste Moment ist immer der, wenn ich auf der Bühne darüber erzähle, was mein Vater dazu sagt. Ich habe einmal ein Programm zu dem Thema Frauen und Männer gemacht. Da war das Publikum enttäuscht.

Ärgerst du dich manchmal über die Vorurteile, die es hierzulande gegen türkeistämmige Leute gibt?

Ja, definitiv. Ich verstehe Leute nicht, die in Deutschland leben und noch nie mit einer türkeistämmigen Person gesprochen haben, und dann komische Dinge denken. Ich wäre dafür eine Organisation zu gründen, wo sich genau diese Leute einmal mit jemandem, der türkeistämmig ist, unterhalten müssen. Eine andere Idee: Warum nicht z.B. einem Geflüchteten Deutsch mit französischem Akzent beibringen? Die französische Sprache gilt doch als sehr charmant.

Senay Duszu

Setzt du dich mit dem Thema Geflüchtete auseinander?

Natürlich beschäftigt mich das. Und mich nervt, dass ich als Ausländerin und Muslimin, und damit als Repräsentatin gesehen werde und mich deshalb ständig distanzieren muss. Zu den schrecklichen Vorkommnissen an Silvester am Kölner Hauptbahnhof wurde ich oft nach meiner Meinung befragt. Ich wollte mich zuerst nicht dazu äußern, aber als ich dann ständig gefragt wurde, dachte ich, ok, ich mache das. Ich denke aber: Wenn ich mich äußern und distanzieren muss, dann müssten das auch alle Männer tun. Und da bemerkt man, wie albern das ist.

Kannst du dir andere Themen für dein Bühnenprogramm vorstellen?

Ja, das Thema Fernsehen und Nachrichten interessiert mich, oder auch die deutsche Sprache und ihre Eigenheiten. Man sagt ja Der Kaffee ist leer. Man sagt aber auch Die Fanta ist aus. Man fragt sich dann: Wohin ist die Fanta denn gegangen? Schön sind auch Aussagen der Deutschen Bahn: Eine herrenlose Damenhandtasche wurde gefunden.Sehr amüsant, wenn man da mal so drüber nachdenkt.

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