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Das Jahr in Australien – Echte Hilfe oder Neokolonialismus?

Erinnert ihr euch noch an Jodel-Erfindung Lisa? Lisa, die ein Jahr in Australien war und der danach die ganzen deutschen Wörter nicht mehr eingefallen sind. Wir kennen auch noch Emma, Luisa und Maria, die in Indien, Kolumbien oder Argentinien waren. Aber ist das gut-gemeinte Gap Year, das sozial-engagierte Auslandsjahr, wirklich eine Hilfe für die Bevölkerung vor Ort? Oder eine neue Form der kolonialen Selbstverwirklichung?

Freiwilligendienste sind gerade auch wegen der staatlichen Unterstützung in Deutschland beliebter als je zuvor. Und das ist auch logisch. Jungen Menschen nach dem Abi ohne finanziellen Druck, Zeit zu geben, sich auf sich selbst zu besinnen, bevor sie sich in der Kapitalismushölle wiederfinden müssen, ist toll. Aber eben auch ein westliches -und oft weißes- Privileg.


Kolonialismus hatte schon immer etwas mit Selbstverwirklichung zu tun. Postkoloniale Theoretiker*innen wie Said argumentieren, dass ein großer Teil der westlichen Identitätsbildung darüber funktioniert, das “Andere”, das “Fremde” zuerst abzuwerten und dann “zu befreien”. Dieser Befreiungsgedanke war eine gängige Rechtfertigung der Kolonialisierer*innen. Das ergibt auch im Hinblick auf Selbstfindungsreisen und Freiwilligenarbeit Sinn: Im Vergleich zu Anderen, denen es meist schlechter geht, sieht man sich selbst in neuem Licht. Und dieses Licht steht uns besonders gut, wenn wir den Anderen, denen es schlechter geht, helfen. 

Aber muss freiwillige soziale Arbeit selbstlos sein, um gut zu sein? Profitieren die Menschen, denen geholfen wird, nicht letzten Endes am meisten davon? 

Das ist das Problem. Meistens hilft der Drang junger, weißer Menschen im Ausland marginalisierten Personengruppen zu helfen, niemandem so richtig, außer den weißen Menschen selbst. Das hat sogar einen Namen: White Saviorism. 

Der White Savior Complex beschreibt das Phänomen, dass weiße Menschen sich dazu berufen fühlen, nicht-weißen Menschen zu helfen, bzw. sie zu retten, ohne dabei jegliche Vorerfahrung mitzubringen. Als Erfahrung reicht ihnen scheinbar allein die Annahme, aufgrund ihrer Hautfarbe einen Bildungs- und Erfahrungsvorsprung zu haben.

Eine alte kolonialistische Leier

Auf die Menschen, denen geholfen werden soll, abwertend zu blicken und sich selbst trotz fehlender Erfahrung zu überschätzen, ist eine alte kolonialistische Leier, die sich durch Freiwilligenarbeit dieser Art wiederholt und festigt. Dazu kommt, dass die Arbeit oft von qualifizierter Lokalbevölkerung übernommen werden könnte, denen so Arbeitsplätze weggenommen werden. Tourism Watch warnt vor allem vor der Arbeit junger Freiwilliger mit Kindern. Sie werden oft zu Bezugspersonen und hinterlassen durch den ständigen Personalwechsel Trauer und Traumata.

Aber ist die Lösung für all diese Probleme, die Freiwilligenarbeit abzuschaffen? Vielleicht sogar ganz damit aufzuhören, anderen zu helfen?

Natürlich nicht. Lisa darf weiter nach wo-auch-immer-sie-hinwill reisen. Und auch Emma, Luisa und Maria. Sinnvoll ist es nur, sowohl von staatlicher Seite, von den Organisationen, als auch von Lisa selbst tiefgehende Vorbereitung auf die Reisen zu treffen.

Dazu gehört es, die Organisationen auf ihre Seriosität zu checken, zu überlegen, was der Lokalbevölkerung wirklich langfristig hilft und dabei auch eigene rassistische Einstellungen zu hinterfragen. Mit genügend Vorbereitung und der Absicht, neben sich selbst auch wirklich Anderen zu helfen, können Freiwilligenreisen für alle Beteiligten ein Gewinn sein. 

Falls du dir unsicher bist oder dich nicht erfahren genug fühlst, kannst du auch immer helfen, indem du an seriöse Organisationen spendest, die das Wohlergehen der (marginalisierten) Lokalbevölkerung im Fokus haben.

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