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Gesellschaft & Geschichten

Zur Messe in Mersin

Ostern in der Türkei

Christen machen nur noch einen sehr kleinen Teil der Bevölkerung aus und dennoch finden sich in verschiedenen Regionen der Türkei Gemeinden, die traditionell Ostern feiern. Auch in der Türkei gedenken die christlichen Minderheiten an Ostern der Kreuzigung Jesu Christi und zelebrieren seine anschließende Auferstehung. Zwar ist Paskalya, wie man es im Türkischen nennt, kein offizieller Feiertag im Land, gilt aber auch für die Christen der Türkei als eines ihrer wichtigsten Feste. Nicht nur an Orten wie Istanbul oder Izmir, sondern auch in  den Städten Trabzon, Antakya oder Mersin befinden sich noch Kirchen als Erbe der kulturell und religiös vielfältigen Geschichte des Landes.

In Mersin lassen sich noch zahlreiche Relikte dieser religiösen Vielschichtigkeit finden. Die um 1850 erbaute Sankt-Antonius-Kirche ist eine der letzten erhaltenen und noch geöffneten Kirchen in der Küstenstadt im Süden des Landes. Die Fotografin und Künstlerin Ceren Saner begleitete die der Kirche angehörende Gemeinde zum Osterfest und erhielt für einen kurzen Zeitraum damit einen intimen Einblick in ihre Lebensrealität. „Ich wusste weder viel über Mersin und seine historisch kulturelle Vielfalt, noch von der christlich-türkischen Gemeinde der Stadt. An Ostern 2015 begleitete ich die kleine römisch-katholische Gemeinde und wurde dabei sehr offen aufgenommen.“

Von Tradition zur Identität

Dabei unterscheiden sich die Traditionen und Bräuche an Ostern wenig von denen in anderen Ländern. „An Karfreitag marschierten wir um die Kirche und es wurden Klagelieder gesungen.“ Anschließend tragen die Gemeindemitglieder die Symbolisierung Jesu am Kreuz von draußen in die Kirche. „Der Gottesdienst wurde auf Türkisch gehalten. Es war eine sehr intensive Erfahrung“, berichtet Ceren Saner. Samstag Nacht wurde eine Zeremonie im Freien abgehalten und Kerzen entzündet. Die Prozession, also ein Marsch um die Kirche, und die Kerzenlichter verleihen dem Fest etwas Mystisches, das man den Bildern ansieht. Während die Gläubigen Gebete gen Himmel schicken oder den Priester anhören, ist Ostern auch ein Moment, an dem verschiedene Generationen und Familienmitglieder zum Ende der Feier für ausgiebige gemeinsame Essen zusammenkommen. Bemalte Eier in unterschiedlichsten Varationen, die als Symbol der Auferstehung Jesu gelten, sind auch hier Teil des Osterfests.

„Da ich als Fremde, aber auch als Gast von der Familie Sezer und ihrer Gemeinde aufgenommen wurde, hatte ich das Privileg, eine religiöse Minderheit von innen kennenzulernen“, meint die Fotografin. Die Familie Sezer gehört zudem einer arabisch-christlichen Minderheit in der Türkei an. „Nicht alle, aber einige Mitglieder der Gemeinde definieren sich somit nicht nur über ihre Religion, sondern auch über ihre Identität als arabische Minderheit. Durch diese Auseinandersetzung hinterfragte ich auch zunehmend meine eigene Identität und Zugehörigkeit.“

Christen in der Türkei

Die Identität der verschiedenen christlichen Minderheiten im Land ist auch geprägt durch die Vergangenheit, denn ihre Geschichte ist auch eine von Vertreibung und Flucht. Trotz ihrer langen Präsenz auf dem Gebiet der heutigen Türkei geht man von nur rund 150 000 verbliebenen Christen aus, die heutzutage noch im Land leben und unterschiedlichsten Ethnien und Konfessionen angehören. An Feiertagen wie Ostern oder Weihnachten bemüht sich die heutige Politik, dieses Erbe und die Bedeutung des Christentums in der Türkei zu betonen.

Dennoch hat es in der Vergangenheit immer wieder Anschläge auf Kirchen im Land gegeben. Ein hohes Aufgebot der Polizei an Tagen wie Ostern, um Kirchen vor potentiellen Attentaten zu schützen, verdeutlicht jedoch die Lage der Christen und anderer Minderheiten im Land. Umstände wie diese halten Gemeinden wie die Sankt-Antonius-Gemeinde in Mersin jedoch nicht davon ab, Feste wie Paskalya zu feiern und zeugen davon, dass auch ihre Geschichte ein Teil des kulturellen Mosaiks der Türkei ist.

Ceren Saner wurde 1991 in Istanbul geboren und lebt und arbeitet seit 2016 in Berlin. Sie ist autodidaktische visuelle Künstlerin, die mit Fotografie und Videografie arbeitet.

Die Gemeinde der Sankt-Antonius-Kirche in Mersin ist römisch-katholisch geprägt, aber versteht sich als offen für alle Christen.

Fotos: Ceren Saner

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