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Gesellschaft & Geschichten

Wissenschaftlicher Rassismus

Warum man nicht von "Menschenrassen" sprechen kann

Im 19. Jahrhundert näherte sich der Rassismus der immer einflussreicher werdenden Ideologie des Nationalismus an. Beide Ideologien gingen daraufhin eine verhängnisvolle Verbindung ein ohne dabei deckungsgleich zu werden. Bereits 2019 hatten Wissenschaftler:innen in der sogenannten „Jenaer Erklärung“ dazu aufgerufen, den Begriff „Rasse“ nicht mehr zu verwenden. Der Grund: Es gibt keine biologische Begründung für eine Einteilung in Rassen und eine solche hat es auch nie gegeben. Das Konzept der Rasse ist das Ergebnis von Rassismus – und nicht dessen Voraussetzung, so die Begründung.

Das Konstrukt der menschlichen Rassen, welches bis heute in seinen Auswirkungen noch relevant ist, entwickelte sich v.a. im 18. Jahrhundert zur Zeit der Aufklärung und der europäischen Expansion. Als die europäischen Mächte weite Teile der Welt und die dort lebenden Bevölkerungen unterwarfen und ausbeuteten. Es entwickelten sich gerade die modernen Wissenschaften und der damit verbundene Wunsch die Welt zu ordnen und zu erklären. Während der Aufklärung gewannen v.a. die Naturwissenschaften an immenser Bedeutung, da ihre postulierte Rationalität maßgeblich zur Überwindung der Herrschaftsstrukturen beitrugen. Mittels Klassifizierungen wurde versucht die belebte und unbelebte Natur zu systematisieren. Kolonialmächte kämpften mithilfe der Naturwissenschaften um die Vorherrschaft. Auf den Expeditionen nach Übersee waren meist auch Forscher:innen dabei, um das Land und die Menschen mittels geographischen Berechnungen und körperlichen Vermessungen zu erschließen. Anthropologie und Ethnologie, Bergbau, Medizin, Agrar- und Ingenieurswissenschaften entwickelten sich als Disziplinen nicht zuletzt, indem sie die Kolonien erforschten, für sich nutzbar machten und ausbeuteten.

Erstmals tauchte der Begriff „Rasse“ zur Beschreibung unterschiedlicher Menschengruppen bei dem französischen Arzt und Forschungsreisenden François Bernier im 17. Jahrhundert auf. Im darauffolgenden Jahrhundert verbreitete sich das Konzept im anthropologischen und zoologischen Schrifttum Europas. Dabei wurden etwa von Carl von Linné, Comte des Buffon Johann Friedrich Blumenbach oder Immanuel Kant i.d.R. 4 bis 5 menschliche Rassen konstruiert, die meistens als „weiß“, „gelb“, „rot“, „braun“ und „schwarz“ bezeichnet wurden. Ihnen wurden spezifische physische, intellektuelle, charakterliche und ästhetische Kollektiveigenschaften zugeschrieben. Damit wurden also nicht allein Unterschiedlichkeiten beschrieben, denn die Rassekonstruktionen wurden auch untereinander hierarchisiert. Dabei stand die europäische „Rasse“ stets an oberster Stelle.

„Europäer – weiß, sanguinisch, muskulös
Amerikaner – rot, cholerisch, aufrecht
Asiaten – gelb, melancholisch, steif
Afrikaner – schwarz, phlegmatisch, schlaff
Carl von Linné, Systema Naturae, Zehnte Auflage, 1758“

Es entstand eine Wissenschaft zu der Zeit, die versuchte die Existenz der menschlichen „Rassen“ und deren Ungleichheit nachzuweisen. Dafür wurden Menschen vermessen und klassifiziert, insbesondere wurden dabei Schädelformen und -volumen ermittelt. Ergebnisse, die dabei nicht den Erwartungen entsprachen führten dazu, dass noch ausgeklügeltere Messmethoden gefordert wurden, anstatt das Rassenkonzept in Frage zu stellen.

Konstruktion von „Rasse“ als Erfindung der Aufklärung?

Im 18. Jahrhundert zur Zeit der Aufklärung wandten sich die europäischen Gesellschaften von ihrem religiösen Weltbild ab, hin zu einem naturwissenschaftlich geprägten Weltbild. Die Aufklärungsphilosophie postulierte im Kern die Gleichheit und Freiheit der Menschen – doch das galt nicht für Alle. Der Gedanke widersprach schließlich dem faktischen Umgang der Europäer:innen mit den Menschen in den kolonisierten Gebieten. Doch mittels des Rassebegriffs konnten die scheinbar unterschiedlichen Wertigkeiten der „Rassen“ erklärt werden, womit letztlich die Ausbeutung und Versklavung der kolonisierten Bevölkerungen legitimiert wurde. Die koloniale Expansionspolitik wurde demzufolge als Zivilisierungsmission dargestellt: als eine Art Entwicklungshilfe in Richtung einer Gesellschaft, die als fortgeschrittener angesehen wird.

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