Unter vielen Beiträgen über die ezidische Community finden sich Hasskommentare. Das ist häufig eine Taktik von Faschist*innen, Rassismus und Propaganda zu verbreiten. Aufgrund der schnell kursierenden News finden solche Kommentare und die durch sie verbreiteten Fake News sehr schnell Glauben bei scrollenden Menschen.
Doch welche Strategien werden in den Medien überhaupt angewendet?
Informationen in den Medien können schnell gefaked oder gelogen sein, verbreiten sich aber rasend schnell. Fehlinformationen zu verbreiten ist vermeidbar, indem Quellen genau geprüft werden und unzuverlässige Quellen oder solche, die nur einseitig informieren, nicht benutzt werden. Doch wenn bewusst fehlinformiert wird handelt es sich um Desinformation. Desinformation ist eine bewusste Täuschung, die dadurch entsteht, dass nur eine Perspektive betrachtet wird. Somit wird eine „Wahrheit“ dargestellt, die aber natürlich aufgrund ihrer radikalen Einseitigkeit keine „Wahrheit“ sein kann. Desinformationen werden ganz gezielt eingesetzt, um Menschen zu täuschen. Fake News können die Meinung von Menschen beeinflussen. Sie wahren den Schein einer echten Nachricht, obwohl sie objektiv betrachtet Lügen sind.
Eine Strategie, um Aufmerksamkeit für Behauptungen zu kriegen, ist das Trollen. Trolle versuchen im Internet absichtlich Debatten zu entfachen und verärgern und provozieren ganz bewusst.
Die Ezid*innen
Das ezidische Volk wird seit Jahrhunderten unterdrückt und verfolgt. Noch immer leben fast eine halbe Millionen Ezid*innen in Zelten oder Geflüchtetenlagern im Norden Iraks. Dort werden sie u.a. massakriert, vergewaltigt und gefoltert, ihre Zelte werden gestürmt und angezündet.
Eine Unwahrheit bzw. Hetze, die über Ezid*innen verbreitet wird ist, dass sie „Teuf*lsanbeter“ seien. Doch die Unterdrückung geschieht nicht nur in der Ferne, auch in Deutschland werden sie als „Teuf*lsanbeter“ beleidigt, das häufig sogar in der Öffentlichkeit. Jedoch ist diese Beleidigung für Ezid*innen mehr als ein Angriff gegen ihr Volk.
Denn seit Jahren verwendet der IS diese Unwahrheit als Grund, Ezid*innen zu verfolgen und zu ermorden. Auch in deutschen Medien kommt es vor, dass mit diesem Vorwurf gegen Ezid*innen gehetzt wird.
Mit dem Begriff „Teuf*lsanbeter“ wird Ezid*innen unterstellt, sie würden das Böse anbeten und damit auch selbst zum Bösen gehören.
Diese Behauptung ist darauf ausgelegt, das Ezidentum zu diffamieren und zu verunglimpfen.
Bis heute wurden Ezid*innen unzählige Male angegriffen. Ihnen wird unterstellt ungläubig zu sein, sie werden verfolgt, zwangskonvertiert und die Massaker gegen sie werden mit dem Vorwurf der Ungläubigkeit gerechtfertigt.
Warum werden Ezid*innen als „Teuf*lsanbeter“ beschimpft?
Der Engel der Ezid*innen trägt den Namen „Pfau“ (Melek Taus bedeutet Engel Pfau, Anm. d. Red.), welcher für Ezid*innen die Inkarnationen des Engels Tausi Melek symbolisiert. Er stellt im Ezidentum den höchsten Engel dar und ist damit für sie etwas sehr Gutes. In ihrer Religion gibt es keinen Teuf*l. Deshalb schreiben wir das Wort auch nicht aus. Eine gleichstarke oder gar stärkere Macht neben Gott ist für Ezid*innen nicht existent.
Im Islam stellt der Pfau allerdings das Böse dar. In den Medien kursieren zahlreiche negativ konnotierte, falsche Gerüchte über das Ezidentum, die von radikalen Gruppierungen ausgehen. Der Ursprung der Ezid*innen liegt in Westasien (etwa dem Nordirak, Nordsyrien und der südöstlichen Türkei), demnach in einem geografischen Raum, der sonst überwiegend islamisch geprägt ist.
Falschinformationen, auch im Bezug auf Ezid*innen sind eine der Methoden von Faschist*innen, ihre eigene Ideologie als die Einzige durchzusetzen und „das Andere“ auszulöschen.
Um richtige Informationen über unterdrückte Religionen oder Völker zu erhalten, bedarf es, sich durch verschiedene, sichere Quellen (wie Expert*innen, Ältesten der Religionen und Stämme etc.) zu informieren. Nicht belegte und unsichere Quellen sollten nicht ungeprüft geteilt werden, ohne den Ursprung der Informationen zu ermitteln.
Mahir Alias Baba Sheikh, der es sich zur Aufgabe gemacht hat über das Ezidentum aufzuklären, sagt: „Religion sollte uns zusammenbringen und Frieden stiften, statt Krieg zu entfachen. Um gemeinsam gegen falsche Nachrichten und Desinformation ankämpfen zu können, sollten wir uns mehr informieren und hinterfragen.“
Mahir ist Vertreter der ezidischen Glaubensgemeinschaft und Neffe des geistlichen Oberhaupts „Baba Sheikh“.
Text: Rojda Çomak und Mahir Alias Baba Sheikh
Quellen:
Hendricks V. F. & Vestergaard. (2018). Postfaktisch: Die neue Wirklichkeit in Zeiten von Bullshit, Fake News und Verschwörungstheorien. Blessing.
www.barfuss.it/leute/hoffnung-geben
www.gfbv.de/fileadmin/redaktion/Reporte_Memoranden/2019/GfbV-Dokumentation_zur_Lage_yezidischer_Frauen.pdf
www.yeziden-colloquium.de/inhalt/wissenschaft/Der_Engel_Pfau.pdf