Türkisch-Nationalistische Ideologien

Im Laufe der Zeit

Von der Ideologie des Turkismus bis zu den Kontroversen des Neo-Osmanismus: Ein Blick auf die komplexe Entwicklung des türkischen Nationalismus. Diese historische Reise durch mehr als 100 Jahre reflektiert politische Strömungen wie den Kemalismus und andere nationalistische Ideologien. Eine Geschichte von Identitätssuche, politischer Macht und kulturellem Wandel.

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Der Nationalismus ist tief verankert in die politische Geschichte der Türkei. Geprägt von einem Wechselspiel zwischen verschiedenen ideologischen Strömungen und politischen Ereignissen, gilt er als einer der Pfeiler der Gründungsideologie der Republik. Besonders der Niedergang des Osmanischen Reiches markierte einen Wendepunkt, der die Entwicklung und Verbreitung des türkischen Nationalismus maßgeblich beeinflusste.

 

Turkismus 

Als Reaktion auf den Niedergang des multiethnischen Osmanischen Reiches und der Suche nach einer neuen nationalen Identität für türkischsprachige Menschen entwickelte sich der Turkismus. Eine Ideologie, die die gemeinsamen kulturellen und ethnischen Bindungen der verschiedenen türkischsprachigen Gruppen über geografische Grenzen hinweg betont. Ziel war es, die Turkvolker in einem Großtürkischen Reich, das vom Balkan bis nach Zentralasien reichen sollte, zu vereinen.


Turanismus

Eine wichtige Rolle spielte dabei der Turanismus, der unter den Jungtürken an Popularität gewann. Er propagiert auf pseudo-historischen Grundlagen den gemeinsamen ethnischen Ursprung aller Turkvölker und deren Überlegenheit gegenüber anderen ethnischen Gruppierungen. Unter diesen Prämissen verfolgten die Jungtürken eine Politik der Türkifizierung – die türkische Sprache und Kultur sollten verbreitet werden. Aus der Türkifizierung entstanden die Genozide an christlichen und anderen Minderheiten im Osmanischen Reich.

Kemalismus

Mit der Gründung der modernen Türkischen Republik durch Mustafa Kemal Atatürk im Jahr 1923 kam es zur Entwicklung des Kemalismus. Diese neue nationalistische Ideologie basierte auf der Schaffung einer modernen, säkularen und westlich orientierten Nation. Zentral für den Kemalismus war die Idee der Türkischen Nation als eine Gemeinschaft von Individuen, die unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft oder religiösen Zugehörigkeit vereint waren.

Der Kemalismus und seine Folgeideologien haben oft zu einer repressiven Politik gegenüber ethnischen Minderheiten, insbesondere den Kurd*innen, geführt. Die Assimilierungspolitik, die die Aufgabe der eigenen Sprache und Kultur forderte, wird von vielen Kurd*innen als Versuch der ethnischen Homogenisierung wahrgenommen, die ihre Identität und kulturelle Existenz bedroht.

Die Regierung setzte oft autoritäre Maßnahmen ein, um ihre Ziele durchzusetzen. Dies umfasste Zensur, Repression von politischen Gegnern und Einschränkung der politischen Partizipation. Diese autoritären Tendenzen führten zu einem Mangel an politischer Freiheit und Demokratie in der Türkei.

Neo-Osmanismus

Der Begriff ,,Neo-Osmanismus’’ wird benutzt, um die Außenpolitik der AKP, die seit 2002 an der Macht ist, zu beschreiben. Es ist zu beobachten, wie die Türkei versucht, sich politisch, wirtschaftlich und diplomatisch ehemaligen osmanischen Provinzen und der islamischen Welt anzunähern. Die Meinungen zum Neo-Osmanismus spalten sich sehr: Einige betrachten diese Politik als eine Wiederbelebung des türkischen Imperialismus und eine Bedrohung für die regionale Stabilität, während andere sie als eine Möglichkeit zur Förderung von Frieden, Zusammenarbeit und wirtschaftlicher Entwicklung betrachten.

Die Suche nach einer nationalen Identität

Vom Aufkommen des Turkismus und Turanismus über den Kemalismus bis hin zum Neo-Osmanismus spiegeln diese Ideologien die Suche nach einer nationalen Identität und die Ambitionen eines Landes wider, das seine historische Rolle in der Welt definieren möchte. Es ist wichtig, die Kontroversen zu erkennen, die mit dem türkischen Nationalismus verbunden sind, einschließlich der Unterdrückung von Minderheiten, autoritärer Tendenzen und politischer Spannungen. In einer zunehmend globalisierten Welt bleibt die Frage nach der Rolle und Bedeutung des türkischen Nationalismus sowohl für die Türkei als auch für die internationale Gemeinschaft von hoher Relevanz.

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