Begriffs Bedeutung:
Bedeutet und bezeichnet eigentlich nur die Rückkehr von Migrant*innen in ihr Heimatland. Der Begriff umfasst im wissenschaftlichen Kontext eine freiwillige Rückkehr, wenn zum Beispiel das Ziel der Migration erreicht und die Rückkehr wieder möglich ist,- z.B. Gastarbeiter*innen, die ihr ökonomisches Ziel erreicht haben, um sich im Heimatland etwas aufbauen zu können. Eine spezifische Form der Remigration ist die Rückkehr jüdischer Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Exil ab 1945. Mit diesem Begriff nicht gemeint ist die Vertreibung von Menschen aufgrund ethnischer Rassenfantasien.
Umdeutung:
In den letzten Jahren wurde der Begriff zunehmend von Identitären und Rechten aufgegriffen, umgedeutet und für ihre Agenda instrumentalisiert. Die Umformulierung des Handlungsverbs „Remigration“ zu der häufig verwendeten Passivkonstruktion „wird remigriert“ verändert die Bedeutung und die Grammatik des Begriffs. Aus der aktiven und freiwilligen Rückkehr wird eine passive und nicht selbst bestimmte Handlung.
Euphemismus und Kampfbegriff:
So ist dieser Begriff durch die Umdeutung und Vereinnahmung von rechtsextremen und populistischen Akteuren zu einem Euphemismus und einem Kampfbegriff der rechten Ideologien verkommen. Auch die AfD verwendet diesen bereits seit Jahren in den sozialen Medien, ihren Reden oder Pressemitteilungen. Am 29. Januar 2024 verabschiedete diese ein Positionspapier, in welchem sie den Begriff “Remigration” für sich klar definieren. In Ihrem Positionspapier bezieht sich die AfD auf die „Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer in ihre Heimat”.
Unwort 2023
Im Jahr 2023 wurde der Begriff “Remigration” aufgrund seiner Instrumentalisierung durch rechtsextreme Gruppen zum Unwort des Jahres ernannt. Seitdem finden zahlreiche Diskurse über die Bedeutung und Deutung dieses Begriffs in unserer Gesellschaft statt. Insbesondere seit dem 10. Januar 2024, als CORRECTIV ihre Recherche “Geheimplan gegen Deutschland“ veröffentlichte. Bei der aufgedeckt wurde, dass Neonazis, hochrangige AfD-Politiker*innen und finanzstarke Unternehmer*innen im November beisammen kamen, um die Zwangsmigration von Millionen von Menschen in ihre Heimatländer zu besprechen. Bei ihren Remigration Plänen unterschieden sie nicht zwischen nicht deutschen Staatsbürger*innen und deutschen Staatsbürger*innen mit familiärer Migrationsbiografie.
Und plötzlich geht es um Deutsche, die im Ausland leben
In dem TV- Duell, das am 11.04.2024 anlässlich der Landtagswahl von Thüringen stattfand, verwendete und deutete der AfD-Politiker Björn Höcke den Begriff ‘Remigration’ um die seiner und der bisherigen Definition von Rechtspopulisten um. Seine neue Interpretation adressiert und konzentriert sich nicht mehr auf Migrant*innen in Deutschland, die in ihre Heimatländer remigriert werden sollen. Stattdessen sollen nun die gut ausgebildeten Deutschen Staatsbürger*innen, die aufgrund der sozialpolitischen Lage Deutschland verlassen hätten, zurückgewonnen werden. Konkret hat Höcke mit dieser erneuten Umdeutung den Diskurs verschoben, weg von dem wunsch der millionenfachen Ausweisung von menschen mit einer Migrationsbiografie, zu dem sich rechte Akteure immer wieder öffentlich bekennen, hin zu dem Ziel, Fachkräfte zurück ins Land zu holen und sich um ihre Interessen zu bemühen. Mit dieser erneuten Umdeutung brachte Höcke zwar eine neue Definition seitens der AfD und der neo-rechtspopulistischen Bewegung ins Spiel, die möglicherweise darauf abzielt, die öffentliche Wahrnehmung der politischen Agenda der AfD zu verbessern. Dennoch erscheint diese Umdeutung in ihrer Absicht und Glaubwürdigkeit äußerst fragwürdig.
Die Folge:
Bereits jetzt ist deutlich erkennbar, dass die Vereinnahmung und Umdeutung des Begriffs “Remigration” zu einer Verharmlosung, Normalisierung und Verschiebung des Diskurses über Migration und vor allem Migrationspolitik hervorgerufen hat.