- Die migrantische Lebenswirklichkeit in Deutschland ist aufgrund von Ursachen wie Flucht, Rassismus, Entwurzelungsgefühle, Identitätskrisen und interkulturellen Herausforderungen häufig, mindestens einmal im Leben, von Episoden begleitet in denen die Betroffenen unter starkem psychischem Stress stehen. Diese Aussage lässt sich aber natürlich nicht pauschalisieren, denn Migranten in Deutschland sind eine sehr heterogene Gruppe.
- Geforscht wird zu rassismusinduziertem Stress international, aber besonders im englischsprachigen Raum schon seit zwei Jahrzehnten. Die Forschung weist seither darauf hin, dass dieser Stress sowohl kurz- als auch langfristige Folgen für die körperliche und mentale Gesundheit von Betroffenen mit sich bringt. Sowohl drastische Rassismuserfahrungen, als auch sogenannte tägliche Mikroagressionen tragen zu diesem Stress bei. Die Symptome ähneln dabei häufig denen einer Traumafolgestörung.
- Auch im deutschsprachigen Raum gab es deshalb immer wieder die Forderung, Rassismuserfahrungen als traumatisch einzustufen und sie als Kriterium im Rahmen der Diagnostik von Traumafolgestörungen anzuerkennen. Jedoch hinkt die Praxis hinterher: Erscheinungsformen und Auswirkungen von Rassismuserfahrungen auf Körper und Psyche sind jedoch – weder für Mediziner*innen noch für Psycholog*innen oder (Sozial-)Pädagog*innen Teil der Ausbildung.
- Hinzu kommt, dass das Angebot der Rassismussensiblen Therapeut*innen noch begrenzter ist als die sowieso schon überlasteten Kassenzugelassenen Therapeut*innen. Dies führt zu monatelangen Warteschlangen, die für Menschen mit besonders hohem Leidensdruck einen zusätzlichen Stressfaktor darstellen. Das Suchen nach geeigneten Therapeut*innen, die zahlreichen Anrufe und Absagen stellen auf Dauer häufig ein zu großes Hindernis dar.
- Wie können Therapeut*innen sich weiterbilden?
Leider müssen Therapeut*innen sich selbst darum bemühen, sich weiterzubilden. Möchte man sich also auf diskriminierungs- und rassismus-sensible Psychotherapie spezialisieren, müssen gezielt Studiengänge, Wahlfächer oder Trainings ausfindig gemacht werden, die sich mit diesem Thema befassen. Positiv hervorzuheben ist hierbei, dass sich das Angebot stetig vergrößert. Beispielsweise hat sich der Verbund „Rassismuskritische Psychotherapie und Beratung“ zum Ziel gesetzt, Psychotherapeut:innen und Berater:innen für eine rassismuskritische Arbeit auszubilden. Auch die Seite DE_Construct des Portals My Urbanology bietet Weiterbildungsangebote zum Thema rassismus-sensible Therapie und Beratung für Mitarbeitende im psychosozialen Bereich an, etwa für Psychotherapeut:innen und Berater:innen.
Quelle: jetzt.de,gesundheit: psychotherapie diskriminierung und rassismus sollten besprochen werden
- Jedoch braucht die Studienlandschaft in letzer Instanz einen Paradigmenwechsel – Weiterbildung zum Thema Rassismus und Diskriminierung sollten nicht privater Verantwortung unterliegen. In Studienfächern wie Psychologie, Medizin oder Sozialpädagogik, in der Psychotherapie-Ausbildung und in Facharztausbildungen sollten sie als fester Ausbildungsbestandteil integriert werden.
Quellen:
https://www.deutschlandfunk.de/flucht-und-trauma-warum-in-deutschland-therapieplaetze-fuer-100.html