Şeyda erklärt, wieso der Mokka nicht aus dem türkischen Leben wegzudenken ist. Er erfreut sich großer Beliebtheit in der Türkei und man sieht ihn nicht mehr nur in den vielen Kaffeehäusern Istanbuls an einer Feuerstelle köcheln, sondern auch in immer mehr türkischen Cafés in Deutschland. Was macht den Türk Kahvesi so besonders? Hier sind sechs Gründe!
Die Zubereitung
1. … weil schon die Zubereitung etwas Besonderes ist. Bevor es elektronische Herdplatten gab, wurde die Cezve (ein langstieliges Kännchen), die meist aus Messing oder Kupfer besteht, auf den heißen Sand einer Feuerstelle gestellt und der Kaffee unter langsamen Umrühren gekocht, damit sich das Aroma ausbreiten kann. Das Gebräu köchelt so lange, bis sich an der Oberfläche der Cezve reichlich Schaum bildet. Anschließend wird das Getränk in kleinen Tassen mit einem Lokum (weiche türkische Süßigkeit) serviert. Seit drei Jahren sind dieses Verfahren der Mokkazubereitung und die türkische Mokkakultur eingetragenes Unesco-Weltkulturerbe.
Rund um die Uhr
2. … weil man ihn jederzeit trinken kann. Morgens getrunken, hält der hohe Koffeingehalt den Mokkagenießer lange wach und lebendig und bringt ihn durch den stressigsten Tag. Nach dem Abendessen gereicht, rundet er geschmacklich auch das längste Mahl ab.
Gesundheit
3. … weil er gesund ist. Eine Tasse türkischer Mokka beinhaltet 11 % Vitamin B2, 6% Vitamin B5, 3% Mangan und Kalium und 2% Magnesium und Nicotinsäure. Den neuesten Forschungsergebnissen zufolge verringert eine Tasse Mokka am Tag die Wahrscheinlichkeit an Alzheimer zu erkranken, stärkt die Leber und sorgt für eine schnellere Fettverbrennung.
Kaffeesatzlesen
4. … weil er für Unterhaltung sorgt. Das Kaffeesatzlesen ist eine gute Abwechslung zum Alltag. Im Türkischen sagt man: „Fala inanma, falsız kalma.“ Zu Deutsch: „Glaube nicht dem Kaffeesatzlesen, verzichte aber auch nicht darauf.“ Beim Trinken muss darauf geachtet werden, dass der Kaffeesatz und etwas Flüssigkeit auf dem Tassenboden bleibt. Dann wird die Untertasse umgedreht auf die Tasse gelegt. Bevor man nun die Tasse umdrehen kann, wird sie dreimal in kreisenden Bewegungen von außen nach innen bewegt. Beim Umdrehen wird ein Wunsch ausgesprochen. Nun muss man nur noch so lange warten, bis sich die Tasse abgekühlt hat, bevor man mit viel Fantasie oder einer Eingebung folgend, den schwarzen Kaffeesatz, der am Rand der Tasse unterschiedlichen Spuren gelassen hat, deuten kann. Dabei werden meist gängige Symbole, Tiere, Wege, Buchstaben oder andere Muster erkannt. Am Ende werden auch die Zeichen auf der Untertasse gelesen.
Wer niemanden kennt, der das Kaffeesatzlesen beherrscht, der geht einfach in das nächstbeste türkische Café und schaut, ob sich dort ein „professioneller“ Falcı (Kaffeesatzleser) auffinden lässt. Andernfalls kann man seinen eigenen Falcı auch aus der Tasche aufs Smartphone zaubern. Dazu fotografiert man die Tasse und schickt die Fotos an registrierte Nutzer bei www.binnaz.com . Die dazugehörige App heißt „Binnaz Abla – En Şekerli Fal“, die auf Türkisch und Englisch ist. Nachdem man einige Daten eingegeben hat, kann man die Person, die den Satz deuten soll, auswählen und Fragen zur eigenen Zukunft stellen. Ein schöner Zeitvertreib.
Brautwerbung
5. … weil er ein wichtiger Bestandteil bei der Brautwerbung ist. Über das Salz im Mokka hatte ich bereits berichtet – zum Artikel hier entlang. Der künftige Bräutigam muss mit seiner Familie die Familie der künftigen Ehefrau besuchen und um ihre Tochter werben. Die Familienältesten bringen das Ehevorhaben auf den Tisch und nachdem man sich geeinigt hat, wird Mokka serviert. Der heiratswillige junge Mann muss die Tasse mit dem salzigen Kaffee austrinken, um seine Liebe zu beweisen.
40 Jahre verbunden
6. … weil eine Tasse Mokka 40 Jahre verbindet. „Bir fincan kahvenin 40 yɪl hatɪrɪ vardɪr.“ Dieses Sprichwort bedeutet, dass eine gute Tat des anderen nicht vergessen wird und sie immer in Erinnerung behalten wird. Auch wenn die Hilfe, ob sie nun groß oder klein war, 40 oder 80 Jahre zurück liegt, gerät sie nicht in Vergessenheit. Dazu erzählt man sich folgende Geschichte: Einst lebte im Osmanischen Reich ein freundlicher Kaffeehausbesitzer im Istanbuler Stadtteil Üsküdar, der für jeden Gast ein offenes Ohr hatte und versuchte, stets hilfsbereit zu sein. Eines Tages besuchte ein griechischer Kapitän seine Stube und genoss in einer dunklen Ecke seine Nargile (Shisha). Zeitgleich anwesend war ein osmanischer Çeri (Elitesoldat), dem die Anwesenheit eines christlichen Gastes nicht passte. Der Çeri gab allen anwesenden Besuchern einen türkischen Mokka aus, betonte aber lauthals, dass der ungläubige Grieche keinen bekommen solle. Der Gastwirt gehorchte, setzte sich aber anschließend mit zwei Mokkatassen zum Kapitän. Der Çeri erinnerte ihn mit Nachdruck, dass der Grieche ausgeschlossen sei. Der freundliche Besitzer aber antwortete nur, dass er sein Gast sei und er ihn selbst einladen würde. Der griechische Kapitän war über diese Geste so erfreut, dass er zurück in seiner Heimat noch lange Zeit an die Warmherzigkeit des Mannes denken musste. 40 Jahre später, bei verheerenden Auseinandersetzungen zwischen Griechen und Osmanen, wird der Gastwirt gefangen genommen und als Sklave verkauft. Sein neuer Herr ist der Kapitän, der ihn und seine Freundlichkeit auch nach 40 Jahren nicht vergessen hat. Er schenkt dem Gastwirt die Freiheit und bringt ihn sicher wieder in seine Heimat zurück.
Zu diesem Sprichwort wurden auch etliche Lieder geschrieben. Ein bekanntes wird von Muazzez Ersoy gesungen.
Falls ihr jetzt auch Lust auf einen türkischen Mokka bekommen habt, dann nichts wie los in das nächste türkische Café. Meine Kolleginnen haben für euch Listen mit den besten Cafés aufgestellt.
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Credits
Text: Nur Şeyda Kapsız
Bilder: shutterstock.com