Nein heißt Nein
TW: Sexuelle Gewalt
“Nein heißt nein”, das wissen inzwischen hoffentlich alle. Seit 2016 ist dieser Grundsatz auch im deutschen Strafrecht verankert. Allerdings lässt sich das Thema Konsens in sexuellen Beziehungen leider nicht so einfach pauschalisieren.
Noch immer ist in den Köpfen mancher das Prinzip der “token resistance” verankert, also die Vorstellung, dass Frauen oft “nein” sagen, obwohl sie eigentlich “ja” meinen. Wenn sie ihren Partner zurückweist, denkt dieser also, das wäre eine Aufforderung, es noch hartnäckiger zu versuchen.
Frauen wird häufig beigebracht, die Wünsche anderer zu befriedigen und die eigenen zurückzustellen, während Männern vermittelt wird, ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen, so Sexualforscherin Rona Torenz. “Oft wird vergessen, wie sehr wir Machtverhältnisse selbst verinnerlicht haben. Frauen haben dann beispielsweise das Gefühl, nicht mehr Nein sagen zu können, weil sie vorher geflirtet haben oder in ein Auto eingestiegen sind.”
Es herrscht ein gewisser Druck, dem gesellschaftlichen Skript zu folgen, das “sozial angemessenes” Verhalten für solche Situationen vorgibt.
Zu groß ist die Angst, die Erwartung des Gegenübers zu enttäuschen. Obwohl viele Frauen sich als autonome und selbstbewusste sexuelle Subjekte sehen, folgen sie aber oft zwangsläufig verbreiteten Normen, die sie dazu bringen, den Sex zu dulden, wenn ihnen eigentlich nicht danach ist. Das passiert auch oft in Beziehungen, weil angenommen wird, dass Sex zu einer erfüllten Beziehung “irgendwie dazugehört”.
Stereotypen
Geschlechterstereotypen, weit verbreitete Mythen, problematische Ansichten zur Einwilligung im Sex und veraltete Gesetze, führen zu sexualisierter Gewalt und Vergewaltigungen.
Jeder kann Opfer werden – unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung oder Alter. Bestimmte Personengruppen, wie Frauen (insbesondere Women of Color), LGBTQ-Personen und Menschen, die nicht der ableistischen Norm entsprechend sind jedoch häufiger von sexuellen Übergriffen betroffen als andere.
Was ist Konsens?
Konsens ist ein fortlaufender Prozess, bei dem verbal oder nonverbal mit der Partner*in kommuniziert und dafür gesorgt wird, dass alle sexuellen Aktivitäten mit voller gegenseitiger Zustimmung stattfinden.
Die Einwilligung zu einer romantischen oder sexuellen Handlung muss durch eindeutige körperliche und/oder verbale Handlungen erfolgen.
Früheres Verhalten, Kleidung, oder der Aufenthaltsort implizieren niemals Konsens. Er muss immer klar kommuniziert werden.
Personen, die minderjährig, berauscht, oder durch Drogen/Alkohol handlungsunfähig sind, schlafen/bewusstlos sind, können keine Zustimmung auf sexuelle Handlungen geben.
Wenn jemand einer Aktivität unter aufgrund von Einschüchterung oder Bedrohung zustimmt, gilt dies nicht als Zustimmung, da sie nicht freiwillig gegeben wurde. Auch ungleiche Machtdynamiken, wie z.B. sexuelle Handlungen mit Mitarbeiter*innen/Schüler*innen können bedeuten, dass es sich nicht um konsensuelle Praktiken handelt, da eine Person zwangsläufig in einer machtloseren/ohnmächtigen Position ist, die z.B. das “Nein” sagen schwerer machen kann.
Nur Ja heißt Ja
Von manchen wird der “Nein heißt Nein” Grundsatz kritisiert, da sie der Meinung sind, dass das nicht ausreicht. Laut dem Modell der aktiven Zustimmung muss das Gegenüber anhand der Körpersprache oder verbal aktiv zustimmen, damit die sexuelle Handlung als einvernehmlich gilt, also eher im Sinne von “Nur Ja heißt Ja”.
Manche finden aber , dass das Konzept der aktiven Zustimmung daran vorbeigeht, wie Menschen im Alltag Konsens kommunizieren, also z.B. über Gesten.
Planned Parenthood erklärt Konsens nach dem Motto
“Consent is as easy as FRIES”:
Frei gegeben: Alle Beteiligten haben die Freiheit, Ja oder Nein zu sagen. Zustimmung kann nicht mit Druck/Gewalt/Manipulation erzwungen werden.
Reversibel: Jede Person kann ihre Meinung jederzeit ändern
Informiert: Alle Beteiligten müssen bei jeder Handlung genau wissen, wozu sie ihr Einverständnis geben
Enthusiastisch: Keine Verpflichtungen – Jede*r tut nur das, was er/sie wirklich will
Spezifisch: Zustimmung zu einer Handlung setzt nicht die Zustimmung zu anderen Handlungen voraus
Quellen:
https://www.spektrum.de/news/sexueller-konsens-ja-nein-vielleicht/2028184
https://www.plannedparenthood.org/learn/relationships/sexual-consent
https://www.amnesty.ch/de/themen/frauenrechte/sexualisierte-gewalt/gegenseitige-zustimmung
https://www.rainn.org/articles/what-is-consent
https://www.sydney.edu.au/study/why-choose-sydney/student-life/student-news/2022/09/21/what-enthusiastic-consent-actually-looks-like-.html
https://www.plannedparenthood.org/learn/relationships/sexual-consent
Text: Aylin Tuncer