Ein eindringlicher Monolog beginnt. Eine Anklage an eine Welt, in der „racists, fascists, lgbti phobics, governments and multinationals“ das Sagen haben. Aus diesem System, das die Welt umspannt wie ein Spinnenetz, kann man sich nur gemeinsam herauskämpfen. Der Verweis auf die „Verantwortung der Privilegierten“ wird zu einem Befreiungsschlag: „It is the time to act. today, is the day!“
Mit den einsetzenden Gitarrenriffs beginnt eine Welle aus übermütigem und explosivem Punkrock. Das dritte Album der Istanbuler Band Padme „The Fine Line Between Being Conscious and Self Harm“, erschienen am 27. Mai 2020, schlägt gleich zu Anfang ernstere Töne an und ist auch musikalisch um einiges wilder als die vorherigen LPs.
„In this system where hunger and modern slavery is forcibly inherited, we must not forget that the responsibilities of the privileged must be inherited as well.“
2015 gründeten Toprak (Gesang, Gitarre) und Orhan (Schlagzeug) als Studenten die Band „Padme“. Dann kam Arda (Bass) dazu und nun sind sie mit Ozan (Gitarre) zu viert am Start. „We’re from Istanbul, Erdoğanland“ schreiben sie auf ihrer Facebookseite, singen auf Türkisch und Englisch und bewegen sich zwischen Spaß- und Anarcho-Punk. Was am Anfang noch unter dem Motto stand „einfach mal ein bisschen Musik machen“ entwickelte sich zu einer festen Größe in der türkischen Punkszene, die zwar klein ist, aber lebendig im Untergrund tobt.
Letztes Jahr ging es auf Europa-Tournee, um auch hierzulande die alterschwache Szene aus dem Wachkoma zu reißen. In Israel haben sie dann ihr neues Album aufgenommen und auf diesem wird deutlich, dass die Kanten nicht nur im „Erdoğanland“ schärfer werden. Die Texte sind substantieller, als würde man die Fesseln der Politik am eigenen Körper spüren. Der Grat ist schmal: Wahnsinn, Tod, Verzweiflung, Überdruss. Wie soll man in Absurdistan dann noch ein Staubkorn Sinnhaftigkeit finden? Freigeister kann man nicht in Käfige sperren: „Kill me whenever, lock me forever, I’ll always be free.“ (aus „Can’t catch me“).
Das Album „The Fine Line Between Being Conscious and Self Harm“ ist zum freien Download verfügbar auf:
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Credits: Mutlu Oral