Ein Türke macht ein Restaurant auf – also gibt es auch Döner? Nicht im Kopps. Das Restaurant in Mitte gehört zu den besten Adressen Berlins, wenn es um veganes Essen auf höchstem Niveau geht. Statt Soja-Schnitzel serviert das Kopps frische und kreative Gemüse-Gerichte der Saison. Gründer und Geschäftsführer Ilhami Terzi erzählt uns, wie vegan genießen ohne den erhobenen Zeigefinger geht.
Lieber Ilhami, was hast du beruflich gemacht, bevor du das Kopps 2011 eröffnet hast?
Ende der Neunziger war ich Theaterschauspieler. Leider war es damals sehr schwierig für mich, Rollen zu finden. Einerseits, weil ich kein Deutscher bin, andererseits entsprach ich aber auch nicht dem Klischeebild vom Türken. Dann bist du so ein Zwitterwesen – weder richtig deutsch, noch richtig türkisch – und kommst nicht an die gewünschten Rollen. Nach einem Ausflug ans Theater in Magdeburg habe ich in Berlin eine Schauspielagentur mitgegründet und wollte im Filmbereich Fuß fassen. Aber damals gab’s nicht viele Türken im Film. Mittlerweile ist die Medienlandschaft zum Glück viel offener geworden.
Und dann ist dir einfach die Idee gekommen, ein veganes Restaurant zu eröffnen?
Naja, ganz so plötzlich war das nicht. Vor der Schauspielerei habe ich eine klassische Hotelkarriere durchlaufen und so die Gastronomie von der Pike auf gelernt. Erst später entschied ich mich dazu, etwas Künstlerisches zu machen. Als das mit der Schauspielerei in Magdeburg aber nicht so gut geklappt hat, bin ich zurück nach Berlin gegangen und dort in der Technoszene gelandet. Als Veranstalter wohlgemerkt. Weil mir das Clubleben aber zu schnelllebig und unsicher war, eröffnete ich als zweites Standbein ein Restaurant – das Bötzow Privat in der Linienstraße. Ein traditionelles deutsches Restaurant, das ich nun schon seit zehn Jahren führe. Durch das Bötzow und eine Freundin bin ich dann mit einem veganen Koch in Kontakt gekommen.
Björn Moschinski.
Genau. Björn und ich haben damals entschieden, dass wir zusammen ein veganes Restaurant eröffnen wollen. Das Kopps. Aber wir haben auch ziemlich schnell festgestellt, dass wir unterschiedliche Vorstellungen von veganer Küche haben: Björn steht vor allem für die vegane Fleischersatzküche. Schnitzel, Gulasch, Soja-Rouladen – vegane Hausmannskost eben. Meine Vorstellung von veganer Küche ist eher eine kreative, gehobene Gemüseküche.
Was ist so schlecht an Fleischersatzprodukten?
Für mich sind Fleischersatzprodukte eher uninteressant. Zum einen gibt es viele Leute, die Sojaeiweiße, Seitan, Gluten und diese ganzen Sachen nicht gut vertragen. Zum anderen ist eine auf Gemüse basierende Küche gesünder und viel nachhaltiger. Auch für Soja wird der Regenwald in Asien und Südamerika gerodet. Hinzu kommt, dass eine gehobene Gemüseküche sehr anspruchsvoll und fast schon ein Alleinstellungsmerkmal ist. Wir wollen aus einem relativ kleinen Warenkorb regionaler und saisonaler Produkte ein Essen kreieren, das sowohl bei Veganern, als auch Nicht-Veganern gut ankommt. Das ist eine wahnsinnig große Herausforderung, macht die Sache aber auch viel spannender als einfach nur das Schnitzel durch ein Soja-Schnitzel zu ersetzen.
Bist du selber Veganer?
Nee, bin ich nicht.
Aber Vegetarier?
Auch nicht! Die nächste Frage wäre dann: „Wie kommt man als Nicht-Veganer dazu, ein veganes Restaurant zu eröffnen?“
Ok, ein wenig überrascht bin ich schon.
Für mich war damals spannend, etwas Neues und Einzigartiges auszuprobieren. Ich bin jemand, der immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen ist. Sonst langweile ich mich schnell.
Das hundertste Restaurant eines Türken, in dem Adana Kebab serviert wird, wäre tatsächlich nicht besonders originell gewesen.
Eben. Wenn ich früher erzählt habe, dass ich ein Restaurant besitze, kam oft die Frage, ob ich in meinem Laden Döner verkaufe.
Hat deine Vergangenheit in der Technoszene etwas mit deinem Wunsch zu tun, gesundes Essen zu kochen? So wie manche Menschen Yogalehrer werden, nachdem sie vorher jahrelang auf Drogen und Partys waren?
Je älter man wird, desto stärker entwickelt sich ein Bewusstsein für den eigenen Körper. Und darüber, was man seinem Körper vielleicht nicht antun sollte. Zu meiner Partyzeit im Berlin der Neunziger war es tatsächlich so, dass oft zwei Krankenwagen vor dem Club standen. Es war eine viel wildere Zeit als heute. Damals gab es ja auch nicht diese Clubszene wie jetzt mit dem Berghain, Watergate und so weiter. Es gab eher Locations, die „off“ waren. Und dann war man halt hier und da. Und wenn du in deinem Job als Veranstalter mit Leuten konfrontiert wirst, die sich abschießen bis der Krankenwagen kommt und die dann noch versuchen, von der Pritsche zu springen, weil sie weiter Party machen wollen, dann denkst du dir auch: mit denen stimmt etwas nicht. Ein alter Kollege, der Partypromoter war, gibt jetzt Bodybalance-Kurse. Ich überleg auch, etwas in dieser Richtung zu machen. Ich bin nie ein Suchtmensch gewesen, aber die Zeit in der Technoszene hat mir besonders deutlich gemacht, wie wichtig die eigene Gesundheit ist.
Aber nicht jeder Mensch verträgt eine ausschließlich vegane Ernährung gut. Wie stehst du dazu – würdest Du empfehlen, sich komplett vegan zu ernähren? Du selbst tust es ja nicht.
Das Kopps ist nicht dogmatisch. Wir wollen keine Fleischesser umpolen. Bei uns steht der Genuss im Mittelpunkt. Natürlich kenne ich die Probleme, die besonders durch den Mangel an Vitamin B12 oder Eisen entstehen. Jeder muss für sich selbst entscheiden, wie er sich ernähren möchte. Ich will auch nicht, dass die Leute hierherkommen, einen schönen Abend haben wollen, und ihnen dann vorgehalten wird, dass sie Lederschuhe tragen. Das hat für mich nichts mit Gastronomie zu tun. Dann sollte man vielleicht lieber in einen Verein eintreten und sich für Tierrechte einsetzen.
In der türkischen Küche gibt es viele Gerichte, die vegan sind, obwohl sie nie als „veganes Essen“ gedacht waren. Zum Beispiel Zeytinyağlı Dolma (gefülltes Gemüse), Bulgur-Gerichte wie Kisir (Bulgur-Salat), Börülce (Augenbohnen-Eintopf), Mercimek Çorbası (Linsensuppe), Zeytinyağlı Pirasa (Lauch) und so weiter. Ist das ein Einfluss für die Karte im Kopps?
Gute Frage. Wir haben viele mediterrane Bestandteile in unseren Gerichten, es gibt aber nichts auf der Karte, was explizit türkisch ist. Das hat nichts damit zu tun, dass ich die türkische Küche nicht mögen würde, sie ist eine der vielfältigsten der Welt und ich bin damit groß geworden. Ich hatte auch schon mal überlegt, ein richtig gutes türkisches Restaurant zu eröffnen – das fehlt nämlich noch in Berlin. Die gehobeneren sind oftmals so pseudo-schick, so wie man in der Türkei fein essen gehen würde. Aber das hat halt nichts mit Berlin zu tun. Außer vielleicht Osmans Töchter. Die haben das ganz gut geschafft. Und das läuft ja auch Bombe.
Was kannst du auf eurer Karte besonders empfehlen?
Lauch im Teig. Hört sich erstmal ziemlich langweilig an. Das Ganze kommt aus der französischen Küche, aber nicht aus der gehobenen Küche. Das Ganze nennt sich Galette und ist so eine Art Lauch-Pfannkuchen. Mein Tipp generell ist, die Kellner nach ihren Empfehlungen des Tages zu fragen.