Was haben Drogenverbote mit Rassismus zu tun?

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Lange Zeit war Cannabis tabuisiert, in der zweiten Jahreshälfte 2022 soll jedoch ein Gesetzesentwurf für die Legalisierung veröffentlich werden.

Während „legale Drogen“ wie Nikotin und Alkohol in der Gesellschaft toleriert werden, steht der Konsum illegaler Substanzen unter Strafe. Zu diesen gehören unter anderem Koks und Cannabis. Wer nun denkt, diese „Drogen-Prohibition“ hätte sich aus gesundheitlichen Bedenken entwickelt, ist einem Irrtum aufgesessen. Stattdessen geht die Drogenstigmatisierung auf kolonialistische Wurzeln zurück.

Foto: Dmytro Tyshchenko (Shutterstock)

Gesundheitsaspekte führten nicht zum Cannabis-Verbot

Durch die Unterscheidung in legale und illegale Drogen könnte man auf die Idee kommen, Alkohol, Nikotin und Koffein seien harmlos. Schaut man sich jedoch Studien zur Gefährlichkeit von Alkoholkonsum an, stellt man fest, dass dieser sich bereits ab dem ersten Tropfen schädlich auf den Organismus auswirkt. Zwar kann beim Konsum von Cannabis auch der erste Joint bereits schädliche Auswirkungen haben. Vergleicht man jedoch beide Substanzen, wird Hanf in seinen verschiedenen Formen deutlich mehr verteufelt.

Die Gründe liegen in der Vergangenheit der Droge. Noch vor dem Ersten Weltkrieg war Deutschland der weltweit größte Kokainproduzent und es stellte kein Problem dar,

  • Kokain
  • Heroin
  • Opium
  • Cannabis

in der Apotheke zu kaufen. Diese Substanzen wurden als Heilmittel gegen Schmerzen angeboten. Zu dieser Zeit existierte das sogenannte „Drogenproblem“ weder in Deutschland noch weltweit.

Jedoch begann der „Drogen-Denkfehler“, aus dem die spätere Prohibition von Cannabis und Co. resultierte, bereits im 19. Jahrhundert auf den Philippinen. Die Inselgruppe war damals Kolonialgebiet der USA. Damals lebten hier zahlreiche chinesische Opiatabhängige, die sich ihre Drogen legal besorgen konnte. Der erzkonservative Missionar Charles Brent sah in diesem Konsum ein großes Problem. Er mache die Menschen faul, hemmungslos und wollüstig. Durch seine enge Verbindung zum Weißen Haus in Washington gelang es ihm, ein Opiumverbot auf der Inselgruppe durchzusetzen. Mit diesem Schritt legte er den Grundstein für das internationale Verbot der heute als illegal geltenden Drogen.

INFO: Brent unterlag dem Irrglauben, den Drogenkonsum durch ein Verbot unterbinden zu können. Tatsächlich aber stieg dieser nach der Illegalisierung von Opium an. Die Droge wurde von überallher auf die Philippinen importiert.

Im 20. Jahrhundert änderten sich die Machtgefüge auf der Welt und der politische und ideologische Einfluss der USA nahm zu. Auf die Weise konnte das Weiße Haus ein globales Opiumverbot durchsetzen. Nachdem sich Amerika nach dem Zweiten Welt als alleinige Weltmacht etablierte, erweiterte sich das Drogenverbot auf weitere Substanzen, so auch auf Cannabis.

Dieses Verbot gibt es in vielen Ländern der Welt bis heute. Allerdings ist inzwischen klar, dass man den Konsum von Drogen nicht aufhält, indem man die Konsumenten in die Illegalität treibt. Dementsprechend weichen die Grenzen, was eine Legalisierung angeht, mehr und mehr auf. Inzwischen kann man medizinischen Cannabis aus der Apotheke beziehen und die Ampelkoalition denkt über eine generelle Cannabis-Legalisierung nach.

Was haben Drogenverbote mit Rassismus zu tun?

Schaut man sich an, wie verbreitet Rassismus in der Gesellschaft ist, trifft man noch heute auf Vorurteile und Diskriminierung. In den USA der 1930er-Jahre hatten Rassismus und die Diskriminierung von Minderheiten Hochkonjunktur. Zu dieser Zeit wurde auch die strafrechtliche Verfolgung von Drogenkonsumenten genutzt, um Menschen gezielt zu stigmatisieren, auszugrenzen und festzunehmen. Das Institut, das damit beauftragt wurde, nannte sich „Bureau of Narcotics“. Es stand unter der Leitung von Harry Anslinger. Dieser zog in einen regelrechten Krieg gegen Drogen und verteufelte insbesondere Cannabis.

Um in der weißen amerikanischen Bevölkerung die Furcht vor der Droge zu wecken, wurden als „abschreckende Beispiele“ rassistische Motive bedient. So galt Cannabis bald als „böse Pflanze der Schwarzen und Mexikaner“. Durch ihren Konsum verlören diese den Verstand und sämtliche Hemmungen. Propagandafilme wie „Reefer Madness“ sollten den Zuschauern die Gefährlichkeit eines Joints vor Augen führen. Wer diesen rauchte, neige angeblich zu:

  • Gotteslästerung
  • Gewalt
  • Mord
  • Selbstmord
  • hoffnungslosem Wahnsinn

Obgleich Cannabis in zahlreichen Kulturen verankert war, gehörte es bald zu den Drogen, die weltweit am meisten geächtet wurden. Mehr und mehr setzte sich in der weißen Bevölkerung die Angst durch, Cannabis verleihe Menschen afrikanischer und mexikanischer Abstammung „unheilvolle Kräfte“. Nicht zuletzt wurden die Drogengesetze schlussendlich dafür zweckentfremdet, statt der Drogen die aus Sicht der weißen Mehrheitsgesellschaft ungeliebten Minderheiten zu kontrollieren.

INFO: Ein ähnliches Phänomen gab es bereits zu früheren Zeiten in Südafrika. Hier weckten die Lebensgewohnheiten und Bräuche der schwarzen Bevölkerung den Unmut der weißen Kolonialherren. Allerdings gab es keinen Weg, das „Schwarz sein“ zu verbieten. Stattdessen verteufelte man kulturelle Besonderheiten wie den Cannabiskonsum, um eine Bevölkerungsschicht in Misskredit zu bringen.

Später, im Jahr 1971, erklärte der damalige US-Präsident Richard Nixon Drogen zum Staatsfeind Nummer eins. Welches Ziel dahintersteckte, kam erst viele Jahre später ans Licht. 1994 nannte einer von Nixons ehemaligen innenpolitischen Beratern die beiden Gruppen, gegen die die Drogenverfolgung eigentlich gerichtet war: Kriegsgegner und Schwarze. Dazu gelangte ein legendäres Zitat an die Öffentlichkeit:

„Wir wussten, wir konnten es nicht verbieten, gegen den Krieg oder schwarz zu sein. Indem wir aber die Öffentlichkeit dazu brachten, die Hippies mit Marihuana und Schwarze mit Heroin zu assoziieren und dann beides zu kriminalisieren, konnten wir diese Gruppen spalten.“

Racial Profiling hält sich bis in die Gegenwart
Schaut man sich die Vergangenheit der Drogen und des Drogenverbots an, wird es schwierig, die Prohibition von Cannabis und Co. nicht mit Rassismus in Zusammenhang zu bringen. Zwar sind diese Substanzen nicht mehr mit so vielen rassistischen Klischees behaftet wie einst, jedoch gibt es noch immer Vorurteile. Diese wiederum führen zum sogenannten Racial Profiling. Der Begriff bezeichnet die Verdächtigung von Personen aufgrund ethnischer Zugehörigkeit oder Herkunft. Ein konkreter Verdachtsmoment liegt dagegen nicht vor.

Um diese Art der Diskriminierung zu bekämpfen, reicht es jedoch nicht, Drogen wie Cannabis und deren Konsumenten aus der Illegalität herauszuholen. Stattdessen muss ein Umdenken in der Gesellschaft stattfinden.

 

Titelbild:

New York City ca. 1936-42: Everett Collection (Shutterstock)

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