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Abstrakte Darstellung einer Person, die Alltagsrassismus erfährt
Gesellschaft & Geschichten

Die Stille Last: Alltagsrassismus

Für die meisten Menschen mit Migrationsgeschichte ist Rassismus etwas Alltägliches. So alltäglich, dass sie sich an ihn gewöhnen und ihr Leben durch ihn unterbewusst gelenkt wird. Er bestimmt die Gedanken vor einem Bewerbungsgespräch, die Kleiderwahl, und wie man sich verhält, wenn man das Haus verlässt.

Wir haben mit verschiedenen Menschen über ihre Rassismuserfahrungen im Alltag gesprochen und sind zu dem Schluss gekommen, dass die Hürden, die rassisfizierten und migrantisierten Personen in den Weg gestellt werden, unmöglich ignoriert werden dürfen, gar weiterhin normalisiert werden sollten.

Deswegen möchten wir heute einige Erlebnisse betroffener Personen teilen, um stattdessen Bewusstsein zu schaffen.

Güven (25), Student: 

„In einer Vorlesung, die mich grundsätzlich interessierte, war ich der einzige mit einer Migrationsgeschichte und das wurde mir dann zum Verhängnis. Meine Dozentin hinterfragte immer nur meine Aussagen und war mir gegenüber total anders als zu den anderen. Als beispielsweise mein Kommilitone eine Antwort, die ich zuvor in einer Vorlesung genauso sagte, in einer anderen Vorlesung wiederholte, lobte sie ihn. Durch diese Mikroaggression hatte ich irgendwann Angst, mich weiter zu beteiligen oder ihr Fragen zu stellen. Als meine Kommiliton*innen mich darauf ansprachen, weil ihnen auffiel, dass etwas nicht stimmte, erklärte ich ihnen, dass ich sie rassistisch finde. Daraufhin verteidigten meine Kommiliton*innen [meine Dozentin] und merkten an, dass ich wahrscheinlich schon mit dem Gedanken, dass ich in der Vorlesung diskriminiert werden würde, teilnahm und deswegen so empfand.“

Judith (16), Schülerin:

„Eine Lehrerin spricht mit mir im Vergleich zu meinen weißen Mitschüler*innen immer extrem langsam und in meiner Wahrnehmung wie mit einem Kleinkind.“


Anonym (43), Verkäuferin:

„Sätze wie ,Dürfen Sie hier überhaupt stehen und verkaufen, so als Frau mit türkischen Wurzeln?‘ oder ,Wie, Sie tragen kein Kopftuch?‘.“

Elias (20), Student:

„Als ich mich auf einer Hausparty mit anderen Gästen unterhielt, die ich nicht kannte, merkten diese an, dass sie es krass fänden, dass ich so deutsch bin und nicht so wie sie gedacht haben.“


Namik (31), Wirtschaftsingenieur:

Nachdem ich bei meiner Versicherung gekündigt habe, hatte ich länger nichts von ihnen gehört. Sie reagierten weder per Post noch per Mail auf meine Nachrichten zu meiner Anfrage für die Kündigungsbestätigung. Als ich schließlich anrief, meinte der Herr am Telefon, dass meine Kündigung erst zu einem späteren Zeitpunkt wirksam wäre, obwohl ich fristgerecht gekündigt hatte. Anscheinend hat mein Vertrag eine unterjährige Hauptfälligkeit, worüber ich mich dann aufregte. Der Mann am Telefon antwortete darauf dann mit dem Satz ,In Deutschland läuft das nun mal so, dass man vertragliche Verpflichtungen hat, die man einhalten muss‘.“

Anonym (34), Apothekerin:

Ich habe als stellvertretende Apothekenleitung gearbeitet und habe sehr viele Kunden, die auch nur zu mir wollten wegen der Beratung. Eine Stammkundin, die seit Jahren in diese Apotheke ging, wollte auch immer zu mir. Wir haben die Medikation ihres Vaters besprochen und nachdem ich sie circa 6 Monate immer wieder beraten habe, hat sie sich über den Tisch gelehnt und gesagt ‚Ich muss Ihnen jetzt mal was sagen! Sie sprechen aber gut deutsch! Das wollte ich Ihnen schon lange sagen.‘ Ich bin hier geboren und deutsch ist meine Muttersprache. Ich habe hier studiert. War fassungslos.“

Anonym (27), Hausfrau:

„Wegen meines Kopftuchs wurde ich mein ganzes Leben lang in der Schule gemobbt. Sie nannten mich Eierkopf und lachten mich aus […]. Oft wurde ich belächelt und die in der Schule meinten zu mir, dass ich wie eine Oma wegen meines Kopftuches aussehe und versuchten mir es herunterzureißen.“

Burcu, Studentin: 

„Als ich mit meiner Schwester unterwegs war, haben wir uns Pommes gekauft und gegessen. Wir saßen an der Straßenbahnhaltestelle. Da war ein älterer weißer Mann, der meinte, uns beschimpfen zu müssen. Total grundlos. Der hat sich zu uns umgedreht und gesagt: ,Geht dahin zurück, woher ihr hergekommen seid.‘ Ich bin aus allen Wolken gefallen. Das kam so plötzlich.“

Maiyra Chaudhry, Medienanalystin & freie Journalistin: 

„ ,Ist das eine Burka?‘, wurde ich beim Essen am Nebentisch gefragt. Kopftuch, Hijab, Burka, Abaya. Auch in den Medien wird mit diesen Begriffen um sich geworfen. Keiner kann das so richtig zuordnen. Ich musste ihr dann erklären, dass ich keine Burka trage, sondern ein normales Wollkleid aus einer bekannten Modekette. Sie war erstaunt. Sie fragte mich, ob ich mein Kopftuch auch zu Hause trage und schaute fragend meinen Mann an. Ich merke, dass es noch viel Aufklärungsbedarf gibt.“

Autorinnen: Betül Kelez und Rojda Çomak

 





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