Die aktuelle Debatte um die Einrichtungen von Schulen für geflüchtete Kinder- und Jugendliche zeigt, dass es nach wie vor sehr unterschiedliche Vorstellungen gibt, wie die große Zahl neuangekommener geflüchteter Schüler*innen in das Bildungssystem integriert werden kann. Bekannt unter Namen wie „Vorbereitungsklasse„, „Willkommensklasse“ oder früher auch „Ausländerklassen“ stehen diese Konzepte immer wieder unter Kritik. Aber was genau ist das Problem mit „Ausländerklassen“?
Es ist weitgehend bekannt, dass in den ersten Jahren nach Abschluss des Anwerbeabkommens mit der Türkei 1961 es keine Bemühungen für eine Integration der zugewanderten Familien gab, da dies auch gar nicht gewünscht war. Für die Kinder der sogenannten Gastarbeiter*innen bedeutete dies anfangs, dass sie in „normale“ Klassen kamen ohne Konzept für eine spezielle Förderung zum Erlernen der deutschen Sprache. Mit der schulrechtlichen Gleichstellung von Kindern und Jugendlichen mit nicht-deutscher Staatsbürgerschaft wurden die ausländischen Kinder in Vorbereitungsklassen zusammengefasst und das zumeist in Hauptschulen, die eigentlich nur ein bis zwei Jahre besucht werden sollten. Allerdings blieben diese Ausländerklassen jahrelang bestehen. Ab 1977 gab es dann die ersten Maßnahmen zur besseren Förderung der Kinder. Seit den 1990er-Jahren war nicht mehr die Staatsangehörigkeit für die Einteilung in die Klassen ausschlaggebend, sondern die Deutschkenntnisse. An deutschen Schulen entwickelte und verstetigte sich damit ein Parallelsystem. Blieben die zugewanderten Kinder in den Ausländerklassen, so konnten sie keinen Schulabschluss machen. Sie gingen mit dem Ende der Schulpflicht einfach ohne Abschluss ab.
Durch die Einteilung in separate Klassen hatten die Schüler*innen so gut wie keinen Kontakt zu anderen Kindern und Jugendlichen, dessen Muttersprache Deutsch war und waren somit isoliert. Außerdem vermittelt diese Aufteilung der Kinder, dass sie allein über ihr Deutschdefizit wahrgenommen werden. Da sie nur Deutsch lernen mussten und kaum andere Schulfächer hatten, konnten sie ihre Kenntnisse und Fähigkeiten in anderen Bereichen nicht zeigen und entwicklen. Mit den späteren Generationen der Gastarbeiter*innenkinder verschwanden die Ausländerklassen aber nicht einfach aus dem deutschen Schulsystem. Im Zuge der Zuwanderung von Geflüchteten v.a. im Jahre 2015 wurden wieder Vorbereitungsklassen für die Kinder und Jugendlichen ohne Deutschkenntnisse etabliert. In einer Untersuchung der Berliner Klassen stellte sich heraus, dass auch hier wieder ein Parallelsystem geschaffen wurde.
Besser wäre es, die zugewanderten Kinder würden teilweise oder ganz eine Regelklasse besuchen und eine zusätzliche Deutschförderung erhalten.
Für noch mehr Empörung und Unverständnis sorgen allerdings die Beispiele von Klassen, die die Kinder mit und ohne Migrationshintergrund aufteilen. In Sachsen-Anhalt wurde 2021 eine erste Klasse aus Kindern mit vermeintlich arabischer Muttersprache gebildet, ohne dem Wissen der Eltern. Dabei wurde sich scheinbar an Namen und Äußerlichkeiten orientiert. Für die Klasse war ein arabisch sprechender Lehrer vorgesehen, da die Schule fälschlicherweise davon ausging, dass die betroffenen Kinder über keine guten Deutschkenntnisse verfügten. Die Klassenbildung wurde jedoch nach lautstarker Kritik wieder geändert.