Mehmet Aslan und die Liebe zur türkischen Musik

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Mehmet Aslan stand schon in Israel, Marokko und Frankreich an den Plattentellern und macht sich in den letzten Jahren nun in der Berliner Elektroszene einen Namen. Der DJ lässt alte türkische Songs aus Funk, Rock und Disco auf elektronische Beats treffen und sich gegenseitig durchdringen. 2014 zog der gebürtige Schweizer für einen Job aus Basel in die Techno-Metropole.

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Als Beschreibung deines Musikstils heißt es auf deiner Webseite: „When Selda meets Redshape in an elevator.“ Wie ist das zu verstehen?

Das habe ich von einem anderen Spruch abgeleitet, den ein Produzent aus Detroit einmal gesagt hat: „When Kraftwerk got stuck with George Washington in an elevator“ Ich habe das aufgenommen, damit man sich unter meiner Musik etwas vorstellen kann. Selda ist eine der größten Anadolu-Rock Vertreterinnen, die seit ein paar Jahren wieder zu mehr Bekanntheit gelangt ist. Redshape ist ein Techno-Produzent, den ich sehr schätze.

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Wie würdest du deine erste Zeit in Berlin beschreiben?

Ich bin anfangs nicht wegen der Musik gekommen, sondern für eine Stelle als Grafiker. Es war eigentlich nicht mein Ziel, hier ernsthaft aufzulegen. Dann bin ich mit den Leuten aus dem Salon zur Wilden Renate zusammen gekommen und das hat einfach gefunkt. Die Offenheit in Berlin ist einzigartig. Ich musste erst mal lernen, das Partymachen zu reduzieren, ansonsten hätte ich es nicht geschafft, unter der Woche zu arbeiten. Mann kann sich hier sehr leicht treiben lassen und verschiedenen Verführungen erliegen.

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War es deine Intention, Elektrobeats mit türkischen Songs zu mixen, um sie noch tanzbarer zu machen oder ist das für dich eher ein Weg, dich mit deinen türkischen Wurzeln auseinander zu setzen?

Es war eher mein individueller Weg, den ich aufgrund meiner türkischen Wurzeln gegangen bin – auch um sie kennenzulernen. Irgendwie hängt meine Liebe zur türkischen Musik stark damit zusammen. Ich konnte meine beiden Interessen für den Elektro und für meine Wurzeln verbinden und schauen, wo das hinführt. Im Moment ist für mich die Frage wie ich es noch mehr verschmelzen und es so zu meinem Eigenen werden kann. Das ist jetzt sehr ambitioniert, denn es wird seine Zeit brauchen bis es etwas eigenes, etwas anderes wird.

Ich editierte manchmal nur, um den Flow anzupassen. Es gibt alte Stücke, die für sich allein stehen.

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Wie entscheidest du, welches Stück zum Samplen geeignet ist und welches nicht?

Die Voraussetzung ist, dass ein tanzbares Element im Stück steckt und es qualitativ halbwegs gut produziert ist. Es sollte Elemente aufweisen, die etwas reduzierter sind, also zum Beispiel nur Percussions, so dass man vieles aus dem Stück herausnehmen und hinzufügen kann. Ich schaue aber immer erst mal, ob es im Original funktioniert. Ich editierte manchmal nur, um den Flow anzupassen. Es gibt alte Stücke, die für sich allein stehen. Da sollte man herauskriegen, was man hinzufügen kann, damit etwas anderes entsteht. Es gibt zu viele Edits, die gar nicht nötig wären.

Schwingst du auch selbst mal das Tanzbein, wenn du nicht gerade auflegst?

Ja. Es gibt viele Djs, die das nicht tun, aber ich tanze sehr gerne, nicht nur zu Techno. Ich versuche offen zu sein. Ich habe mich immer von verschiedenen Stilen leiten lassen, um so viel wie möglich mitzunehmen. Für mich ist entscheidend, dass man als DJ ein breites Musikwissen hat und nicht nur Stücke aneinanderreiht.

Welcher deiner Auftritte hat dich selbst überrascht?

Ich denke spontan an einen Auftritt bei dem Nuits Sonores Festival Ableger in Tanger in einem alten marokkanischen Club, der sehr traditionell wirkte. Eigentlich sitzen dort vor allem Männer an Tischen und werden zu Bauchtanz und Livemusik bedient. Ich habe nicht erwartet, dass die Partygäste dermaßen abgehen – Frauen wie auch Männer. Man muss wissen: In Marokko existiert keine Clubkultur wie in Berlin und draußen darf man keinen Alkohol trinken. Was die Stimmung auch einmalig machte, war die Mischung aus den Festival-Gästen und Einheimischen.

„Es ist immer wieder interessant zu sehen, was so ein Set auslösen kann“

Legst du auch in Istanbul auf?

Ich war erst einmal für einen Auftritt dort. Das war cool, aber ich habe weniger türkische Sachen gespielt als man vermuten würde. Die Istanbuler kennen das alles, mit türkischen Sounds lockt man also niemanden hervor. Ich hab‘ mich, ehrlich gesagt, nicht so frei gefühlt. Ein Kollege von mir hat an dem Abend ein Stück gespielt, in dem ein Muezzin (Anm. d. Red.: Der Muezzin ist der Geistliche, der die Muslime zum Gebet aufruft) ertönt, für nur rund 30 Sekunden.

Kurz darauf haben wir eine Nachricht erhalten, in der sich ein Besucher darüber beschwert hat, dass so etwas in einem Club laufen dürfe. Das war fast schon ein Drohbrief. Die Clubbesitzer konnten oder wollten das nicht nachvollziehen. Ich allerdings kann diese religiöse Perspektive schon irgendwie verstehen, auch wenn ich mit dieser harten Reaktion nicht einverstanden bin. Es ist interessant zu sehen, was ein Set auslösen kann.

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Wo wirst du dieses Jahr noch spielen?

Als nächstes werde ich am 11. April im Minimüzikhol in Istanbul auflegen, danach im Salon zur Wilden Renate am 25. April und Anfang Mai in Amsterdam. Beim Nuits Sonores Festival Mitte Mai in Lyon wird es eine eine komplette Bühne für östliche Sounds geben. Da spiele ich zusammen mit Baris K, einem der ersten Musiker, der Edits von türkischer Musik produziert hat. Darüber hinaus werde ich im Sommer noch auf weiteren Festivals auflegen, unter anderem im Inselstaat La Réunion.

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