Wo kommen diese Zeichen her?

Das türkische Alphabet wird 90

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Mittlerweile ist es auch bei den letzten angekommen, dass Türken kein Arabisch sprechen. Auch dank den vielen türkischen Geschäften in Deutschland ist klar, dass Türkisch mit dem lateinischen Alphabet geschrieben wird, nicht mit dem arabischen. Das war nicht immer so. Wie kam es dazu, dass Kaf (ك) und Dschīm (ج) zu K und C wurden, und dass wir çüş statt چوش rufen?

Vor 90 Jahren feierte das türkische Alphabet seine Einweihung. Am 9. August 1928 wurden Besucher*innen eines Galas in Gülhane die neuen Buchstaben zum ersten Mal vorgetragen. Nur ein paar Monate später wurde die sogenannte „Buchstabenrevolution“ akzeptiert, d.h. das Parlament segnete das neue Alphabet am 1. November 1928 ab. Am 1. Januar 1929 wurden die neuen Buchstaben verbindlich.

Das neue Alphabet wird in Anwesenheit Atatürks vorgestellt (Wikipedia).

Ein symbolischer Akt

Während des osmanischen Reichs wurde Türkisch mit der arabischen Schrift geschrieben. Obgleich arabische oder persische Lehnwörter auf dieser Art und Weise einfach geschrieben und gelesen werden konnten, eignete sich die Schrift für manche türkischen Vokale und Konsonanten nicht. Das Zeichen و, zum Beispiel, wurde für die heutigen Buchstaben v, o, ö, u, und ü verwendet. Trotzdem wurde die arabische Schrift bis in die Republik-Zeit gebraucht.

Schon im Jahr 1862 forderte der Münif Pascha eine Reform des Alphabets – eine Idee, die von späteren Jungtürken auch unterstützt wurde. Erst nach dem Unabhängigkeitskrieg und Gründung der Republik wurde ein neues Alphabet von der von Atatürk gegründeten „Sprachenkommission“ zusammengebastelt. Einerseits wurden die Laute der türkischen Sprache dabei berücksichtigt, anderseits war es der neuen Republik wichtig, ihren Blick nach Westen zu drehen – Die Türkei sollte ein moderner, laizistischer Staat werden und dieses Ziel benötigte einen symbolischen Bruch mit der arabischen bzw. islamischen Welt.

Verpflichtend: Das neue, westliche Alphabet

Das türkische Alphabet besteht aus 29 Symbolen, wovon sieben (Ç, Ş, Ğ, I, İ, Ö, Ü) bearbeitete Versionen der lateinischen Originale sind. Ein besonders verwirrender Buchstabe ist das türkische „C“, was aber wie „dsch“ ausgesprochen wird (z.B. Ceyda oder Cem). Auch das diakritische Zeichen Zirkumflex wurde für die Vokale a, i, und u auch eingeführt (â, î, û), und wird als Vokal „mit Hut“ (tr. şapkalı) bezeichnet. Die „Hüte“ kündigen eine Palatalisierung oder eine Verlängerung des Vokals an, dennoch sind sie aus allgemeiner „Schrift“gebrauch fast ausgestorben, und nur bei einigen Wörtern zu sehen, die lediglich durch den Zirkumflex zu unterscheiden sind, z.B. kar (dt. Schnee) und kâr (dt. Gewinn).

Ein Lehrwerk des neuen Alphabets (Wikipedia).

Im Vergleich zum deutschen Alphabet sind die Buchstaben Q, W und X nicht vorhanden, und waren sogar eine zeitlang verboten, da sie in den Alphabeten von Kurmandschi und der Zaza-Sprache vorkommen. Das Verbot wurde 2013 aufgehoben, mittlerweile werden sie in manchen Fremdwörtern oder Fremdnamen inklusive kurdischstämmigen Namen verwendet.

Immer noch ein Thema

Die „Buchstabenrevolution“ war und ist aber nicht überall beliebt. Konservative wollten die Verbindung zur islamischen Welt nicht abbrechen, und die Alphabet-Reform war ein großes Symbol dafür. Sogar heute bedauern manche, dass sie die Briefe oder Grabsteine ihrer Groß- oder Urgroßeltern nicht lesen können und sagen, „In einer Nacht sind wir Analphabeten geworden“ (tr.: Bir gecede cahil kaldık). Befürworter der Reform weisen auf die Alphabetisierungsrate hin, die in den Jahren nach der Reform gestiegen ist oder meinen, dass die arabische Schrift zu schwer zu lesen sei.

Die meisten der Menschen im osmanischen Reich waren vor der Reform Analphabeten. Allerdings lag es nicht an dem neuen Alphabet, sondern an den Bildungsreformen der Republik, dass die Zahl von Analphabetinnen und Analphabeten gesunken ist. Die Reform war im Grunde genommen, ein Teil der Modernisierung des Landes, und symbolisierte den Blickwechsel Richtung Europa und gen Westen. Bildungsreformen mit dem arabischen Alphabet hätten sicherlich ähnliche Ergebnisse erzielt.

So oder so sind Ç und İ Bestandteile der türkischen Sprache, und es scheint, als ob sich daran so schnell nichts ändern wird. Also türkisches Alphabet, alles Gute zum Geburtstag! Takdim günün kutlu olsun!

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