Unter Genderzeichen werden in der Typografie typografische Satzzeichen (Sonderzeichen) bzw. orthografische Satzzeichen verstanden. Sie dienen im Sinne einer geschlechtergerechten Sprache zwischen männlichen, weiblichen und nichtbinären und diversgeschlechtlichen Personen in Form einer gendergerechten Schreibweise als Platzhalter in Personenbezeichnungen.
Seit ungefähr den 2000er Jahren stehen Genderzeichen für eine geschlechtsneutrale Verwendung maskuliner Substantive oder Pronomen. Sie sind ein Symbol für die Ablehnung des generischen Maskulinums. Genderzeichen zu verwenden, bedeutet, sich mit all jenen solidarisch zu erklären, die eine neue, emanzipative Geschlechterordnung leben.
Im folgenden werden die geläufigsten Formen von Genderzeichen vorgestellt.
Die Genderzeichen
Das Gendersternchen (auch Sternchen, Gender-Stern oder Gender-Stern gennant) ist eine Form der gendersensiblen Schreibweisen. 2020 wurde das Wort “Gendersternchen” in die Neuauflage des Duden aufgenommen.
Der Gender-Doppelpunkt ist die neueste Form der gendersensiblen Schreibweisen. Seit 2018 hat er sich schnell etabliert, da das gendergerechte Schreiben durch den auf der Tastatur gut gelegenen Doppelpunkt einfacher ist.
Der Gender-Gap ist ein Unterstrich, der zwischen Wortstamm und weibliche Endung gesetzt wird. Er schafft eine Lücke zwischen Männern und Frauen und damit Raum für die Vielfalt der Geschlechter. Seit 2003 ist der Gender-Gap in vielen wissenschaftlichen Publikationen gängige Praxis. Der Gender-Gap hat eine politische Bedeutung: Er soll stören, irritieren und zum Nachdenken anregen über die Binarität von Mann und Frau.
Mit dem Gendersternchen, Doppelpunkt und Gap zu schreiben oder zu sprechen, adressiert alle Geschlechter.
Bei allen Formen wird das Zeichen nach dem Wortstamm und vor die weibliche Endung gesetzt. Beim Sprechen wird bei beiden eine kleine Pause zwischen Wortstamm und Endung gelassen. Diese Pause heißt Glottisschlag.
Beispiel: Aus dem Begriff “Autor” wird: Autor*in, Autor:in, Autor_in
Kritik
Typographische Wortzusätze sind der deutschen Rechtschreibung fremd. Wer regelkonform schreiben muss, z. B. in der Schule, muss eventuell auf Beidnennungen und geschlechterneutrale Formulierungen ausweichen.
Außerdem sind nicht alle Genderzeichen barrierefrei. Sie können den Leseprozess unterbrechen und irritieren. Auch für Menschen mit Asperger, Lesebehinderte und Autismus können Genderzeichen eine Barriere darstellen, die den Leseprozess signifikant verlangsamen.
Barrierefreiheit
Nach dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. ist das Gendern mit Sonderzeichen nicht zu empfehlen, da sie nicht barrierefrei sind. Es soll versucht werden, auf geschlechterneutrale Formulierungen ausgewichen zu werden. Sollte dies nicht möglich sein, so der Verband, ist das Gendersternchen zu empfehlen, da es die am häufigsten verwendete Form ist und so dem Wunsch nach einem Konsenszeichen am nächsten kommt.
Auch Computersysteme können Texte vorlesen. Dabei gibt es unterschiedliche Optionen, wie Satz- und Sonderzeichen behandelt werden – je nachdem welche Software, also welcher Screenreader, verwendet wird. Wenn Zeichen unterdrückt werden (wie z.B. ein Stern) wird er nicht vorgelesen aber mit einer Pause realisiert, die dem Glottisschlag nahekommt.
Die Meinungen zum Genderdoppelpunkt gehen auseinander, da er ein Interpunktionszeichen und kein Sonderzeichen ist. Sprachausgabeprogramme lesen den Doppelpunkt automatisch als Pause. Das Zeichen ist somit barriereärmer und inklusiver, weshalb es inzwischen sogar von einigen Stadtverwaltungen eingesetzt wird. Das Unterdrücken des Doppelpunktes führt allerdings zu einer längeren Pause als das Unterdrücken anderer Zeichen. Es kann zum Eindruck kommen, dass der Satz zu Ende sei.
Leichte Sprache
Leichte Sprache ist eine stark reduzierte Form des Deutschen, bei der nur leichte Wörter und kurze Sätze verwendet werden. Wer in Leichter Sprache gendern will, hat nur zwei Möglichkeiten: Beidnennung und neutrale Formulierung. Geschlechtergerechte Sprache wird aber immer wichtiger. Außerdem können sich auch unter Leichte-Sprache-Nutzer*innen nichtbinäre Menschen befinden. Wer in Leichter Sprache auf diese Weise gendert, muss dies aber unbedingt erklären.
Es gibt bislang keine Art zu gendern, die sowohl alle Geschlechter einbezieht als auch ohne Barrieren auskommt. Hier ist also Kompromissbereitschaft angesagt.