Nene Hatun – die Mischung macht die Musik

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Nene Hatun – Cahil (B-SEITE)Nene Hatun hat Klavier und Komposition bei Fazil Say studiert und bringt nun bei dem Label Beatbude.com ihre „psychedelic-anatolian Techno-Pop“ Lieder raus. Wir haben sie für unser Musikformat „B-Seite“ vor einiger Zeit mal gefilmt. Ihr kriegt es nun endlich mal zu hören und zu sehen. Mehr Infos zu ihr in unserem Interview.

Posted by renk. Magazin on Donnerstag, 19. November 2015

 

Nene Hatun produziert „psychedelic-anatolian Techno-Pop“, wie sie es selbst beschreibt. Dafür kombiniert sie östliche und westliche Rhythmen und Klänge miteinander. Seit sechs Monaten lebt Nene Hatun, mit richtigem Vornamen Beste, in Berlin und arbeitet derzeit zusammen mit dem Berliner Label Beatbude an einer neuen Veröffentlichung. Heute sind wir bei ihr zuhause auf einen Kaffee eingeladen. 

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Erzähl mal, Beste: Wie habt ihr euch gefunden; du und die Musik?

Eine gute Freundin meiner Großeltern besaß ein Klavier. Wenn wir sie als Kinder in Izmir besuchten, berührte ich die Tasten und spielte Melodien, die ich irgendwo aufgeschnappt hatte. Mit ihrem französischen Akzent rief sie einmal: „Oh, Beste çok yetenekli! (dt. Beste ist sehr talentiert!). Wenn ich sterbe, muss sie mein Klavier bekommen.“ An meinem elften. Geburtstag sagte sie zu mir: „Beste, ich bin immer noch nicht gestorben, aber du musst unbedingt Klavier spielen lernen. Deshalb möchte ich es dir jetzt schon schenken“. Von diesem Tag an habe ich nichts anderes mehr gemacht, ich war wie besessen. Mit dreizehn ging ich ans Konservatorium und bekam jede Woche Klavierunterricht. Dass ich Musikerin geworden bin, habe ich hauptsächlich dieser Frau zu verdanken. Sie lebt übrigens immer noch und ist mittlerweile fünfundneunzig.

Dein Name „Beste“ heißt übersetzt „Komposition“. Diesen Namen gaben dir deine Eltern doch sicher nicht ohne Grund, oder?

Meine Eltern haben gar nichts mit Musik zu tun. Aber meine Großmutter hieß Besti Teyze, sie emigrierte aus Aserbaidschan in die Türkei. Nach ihr haben mich meine Eltern benannt. Mein Künstlername ist aber Nene Hatun, was so viel wie „Oma-Frau“ heißt. Ich bin Oma-Frau (lacht).

Und wie kam es dann dazu, dass du Klavier in Tel Aviv und Stuttgart studiert hast?

Der Pianist Fazil Say reiste durch die Türkei und suchte talentierte Nachwuchs-Studenten. Er wählte mich als eine von Dreien aus und nahm uns mit nach Ankara. Dank seiner Unterstützung reiste ich nach Tel Aviv, wo ich ein Jahr an der Buchmann-Mehta School of Music studiert habe. Nebenher musste ich Hebräisch, jüdische Philosophie und Geschichte lernen. Ich wollte jedoch nur Musik machen und bewarb mich deshalb an der Musikhochschule in Stuttgart. Dort habe ich dann Klavier und Komposition studiert.

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Wie hat dich die klassische Klavierausbildung geprägt?

Ein Musikstudium prägt für das ganze Leben. Das sind 15 Jahre harte Arbeit, auf die ich zurückblicke. Im Studium habe ich gelernt, wie man klassische Komponisten spielt. Bach ist zum Beispiel genau codiert und vorgegeben. Exakt so spielt man ihn dann auch. Wichtiger als das Nachspielen ist für mich aber das, was von Herzen kommt, von Geist und Seele. In der Türkei steht vielmehr das Medium im Mittelpunkt, über welches Musik entsteht, als der Musiker selbst. Saz, Baglama, Rahmentrommel sind wichtige Instrumente. Es gibt viele anonyme Songs, die sich in der Türkei und seinen Nachbarländern verbreitet haben. Menschen singen sie auf Türkisch, Armenisch, Georgisch und Aserbaidschanisch, aber niemand weiß, wer das Lied geschrieben hat. Wichtig sind für mich auch heutige Musikgenies, die Sounds kreieren und sich mit Wellenformen beschäftigen. Ich arbeite kaum noch mit Noten.

Könntest du deine Musik näher beschreiben?

Die Grundstruktur meiner Musik ist westlich geprägt. Die Melodien und Rhythmen aber kommen aus der Türkei und Aserbaidschan, ich trage sie in meinem Herzen.

Östliche Musik verläuft horizontal, dadurch sind die Töne beweglicher und die Rhythmen freier. Es passiert mehr in einem Takt. Ich versuche, die nicht greifbaren Elemente mit dem logischen Part von Musik zusammen zu bringen. In diesem Prozess des Musikmachens sehe ich mich selbst als Suchende.

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Besonders gut gefällt mir das Lied „Asiye and KeşanPeştemalBeat“, in dem du auch selbst singst.

Das ist ursprünglich eine Melodie aus der Schwarzmeerregion, welche meine Mama früher immer gesungen hat. Die Beats dazu habe ich auf meinem analogen Drum-Synthesizer kreiert. Der harte Sound steht dabei im Kontrast zur sanften Stimme.

Auf Deinem Schreibtisch stapeln sich zahlreiche Geräte: Da stehen ein Synthesizer, ein Midi-Keyboard und viele andere elektronische Instrumente. Verwendest du das alles um Sound zu produzieren?

Ja, meinen Synthesizer benutze ich, wenn ich mit Sounds und Effekten improvisieren möchte. Ich arbeite auch mit Samples. Das türkische Musikkonservatorium in Rotterdam hat mir viele Samples zur Verfügung gestellt. Um damit zu experimentieren, benutze ich das Midi-Keyboard. Dann steht hier noch das Kaoss Pad für verrückte Effekte. Aber man kann natürlich mit viel weniger Dingen Musik machen.

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Legst Du auch auf?

Nein, ich spiele immer live. DJ zu sein ist wie die Rolle des Dirigenten vor einem Orchester. Ich möchte diejenige Person sein, die Musik spielt oder schreibt, und nicht dirigiert. Mein neustes Hobby sind allerdings Vinylplatten. Ich bin inspiriert von meinen Mitbewohnern, die Hiphop-Beats produzieren und sampeln.

Ich hab gehört, dass du mit dem Berliner Label Beatbude eine Veröffentlichung planst. Kannst du uns schon mehr verraten?

Genau, die Beatbude ist ein kleines Label aus Neukölln. Wir arbeiten zurzeit an einer 7″-Vinyl mit zwei bis drei Liedern, die gemütlicheren Tracks von mir enthalten wird. Die Platte gibt es demnächst auf meinen Konzerten zu kaufen.

Seit diesem Sommer wohnst Du in Berlin. Wie gefällt es Dir?

Richtig gut. In Stuttgart war alles sehr nett und geordnet. In der Türkei ist nichts in Ordnung und es herrscht ein unglaubliches Chaos in den Städten, was sehr inspirierend ist. In Berlin ist das manchmal ähnlich. Eine Fahrt mit dem Bus die Sonnenallee entlang kann ein großes Abenteuer sein.

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Wann können wir den nächsten Auftritt von Dir sehen?

Am 28. Januar spiele ich als Gast bei einem Konzert von Helmut in der Bar Heiners und am 30. Januar in der Rummelsburger Bucht. Am 15. August bin ich im Berliner Cosmonaut und sicher auch schon vorher irgendwo. Das wird dann noch auf meiner Homepage angekündigt.

Hier eine Auswahl an Stücken von Nene Hatun

Credits
Text: Lena Elbert
Fotos: Nikolai Ziener

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