Zu allererst: Das Hymen gibt es nicht. Jedenfalls nicht in der Form, in der es uns unser Leben lang vorgestellt -und fürchten gelernt!- wurde.
Das Hymen, oft auch Jungfernhäutchen genannt ist aber auch kein Häutchen.
Es ist ein Schleimhautkranz, der sich circa zwei Centimeter hinter dem Eingang der Vagina befindet und diese -entgegen vieler veralteten Vorstellungen- nicht (komplett) verschließt. Sonst könnte ja z.b. die Monatsblutung gar nicht abfließen. Verschließt das Hymen die Vagina komplett, ist das ein medizinisches Problem – und zum Glück ein Ausnahmefall!
Trotzdem wurde und wird uns im Bio-Unterricht und in zahlreichen Aufklärungsbüchern erklärt, dass das Hymen die Vagina verschließt, was schlicht eine Falschinformation ist.
Es gibt unzählige verschiedene, individuelle Formen von Hymen. Jede Person mit Vulva hat ein anderes, genauso wie die Vulva selbst bei jeder Person anders aussieht.
Ob und wie genau dein Hymen Öffnungen hat, kommt also nicht darauf an, ob du schon Sex hattest, viel Sport machst oder nicht oder ob du Tampons benutzt. Das Hymen ist sehr dehnbar und kann, selbst wenn es einmal “gerissen” ist, wieder heilen und zusammen wachsen.
Der erste Sex
Deshalb ist auch die Erzählung, es würde (oder müsste!) beim ersten Sex “reißen”, Blödsinn. Einmal davon abgesehen, dass Sex ja nicht immer heteronormativ abläuft und Penetration beinhaltet, muss selbst im Fall der ersten Penetration das Jungfernhäutchen nicht “reißen”. Es muss dabei auch nicht bluten und vor allem nicht wehtun! Auch wenn das viele Teenie-Filme und Aufklärungsbücher so erzählen. Mithu Sanyal, Autorin von „Vulva-Die Enthüllung des unsichtbaren Geschlechts“, schreibt:
“Die berühmten Blutstropfen auf dem Bettlaken nach der Hochzeitsnacht sind kein Beweis für die Jungfräulichkeit der Braut, sondern für eine Verletzung.”
Der Begriff “Hymen”
Hymen bedeutet “Membran/Haut”, obwohl es sich dabei ja eben um keine Haut handelt. Immer noch besser als der Begriff “Jungfernhäutchen”, der nicht nur Menschen mit Vulven, die sich nicht als Frauen identifizieren ausschließt, sondern auch noch das Konzept der Jungfräulichkeit (die es ja nicht gibt!) weiterträgt. Ein ideeller, diskriminierungsfreier Begriff wäre “vulvinale Korona”, oder Vulvenkränzchen, weil die Schleimhautfalten sich ein bisschen wie eine Krone anreihen.
Warum gibt es das Hymen überhaupt?
Im Uterus hat der Fötus ein festes Vulvenkränzchen, das Keime vor dem Eindringen hindert. Doch schon kurz vor der Geburt bildet sich das Kränzchen zurück und hat eine oder mehrere Öffnungen. In der Pubertät bilden sich dann Milchsäurebakterien in der Vagina die für ihre Selbstreinigung verantwortlich sind. Damit hat das Vulvenkränzchen keinen Nutzen mehr.
Text: Paula Steiner
Quellen:
https://einhorn.my/das-jungfernhaeutchen-viel-laerm-um-nichts/
https://missy-magazine.de/blog/2017/09/01/like-a-virgin/