Manifest für eine plurale Gesellschaft

Demokratie gibt es nur mit uns.

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Die Stärke einer Demokratie misst sich am Umgang mit ihren Minderheiten.


Laut Grundgesetz gehören auch Menschenrechte und Minderheitenschutz zu unserer Demokratie. Wenn einzelne Gruppen angegriffen werden, muss sich der Staat schützend vor sie stellen und seiner Fürsorgepflicht nachkommen – ohne Wenn und Aber. Parteien, die sich explizit und programmatisch für die Ausgrenzung und Entrechtung von Minderheiten einsetzen, schüren solche Angriffe und widersprechen diesen Grundsätzen. Sie müssen im Rahmen der Verfassung belangt und ggf. verboten werden.

Deutschland hat ein Demokratieproblem und zur Lösung gehören wir.
Wir sind enttäuscht von den etablierten Parteien. Statt eindeutiger, demokratischer Haltung und Rückgrat für die plurale Gesellschaft erleben wir, wie viele von ihnen Rhetorik und Inhalte von stramm Rechten übernehmen. Wir beobachten, dass Politiker*innen die Ängste und Sorgen von Schwarzen Menschen und People of Color (BPoC) konsequent übergehen. Seit Jahren sind BPoC immer öfter verbalen oder körperlichen Angriffen ausgesetzt. Doch viele sind erst seit dem Mord an CDU-Politiker Walter Lübcke alarmiert und nehmen rechtsextreme Terror ernst. Die Lösung für dieses Demokratieproblem liegt auch darin, Migrant*innen, Schwarzen Menschen und People of Color zuzuhören und ihre Erfahrungen und Bedarfe einzubeziehen.

Deutschland ist eine plurale Gesellschaft und das ist gut so.
Nicht nur weiße Menschen, auch Millionen Schwarze und People of Color (BPoC) sind hier zuhause. Trotzdem mangelt es noch immer an ausreichend Sichtbarkeit und Repräsentation. Wenn in Medien oder in der Politik von einem kollektiven, inländischen „wir“ die Rede ist, sind wir oft nicht inbegriffen. Sogar unsere Daseinsberechtigung wird immer wieder diskutiert. Wir finden, da gibt es nicht zu diskutieren. Das ist auch unser Land. Und wir machen es erst zu dem, was es ist: eine postmigrantische Gesellschaft in einer demokratischen Republik.

Wir glauben an die Kraft der universellen Menschenrechte.
Wir möchten nicht hören, dass Vielfalt „ein Gewinn“ oder „eine Chance“ ist – denn es geht nicht darum, ob unsere Anwesenheit jemandem nützt. Gesellschaftliche Pluralität ist das Fundament unserer Demokratie, an dem es nichts zu rütteln gibt. Migrant*innen, People of Color und Schwarze Menschen müssen nicht mehr leisten, mit weniger zufrieden sein oder Dankbarkeit empfinden. Es ist unser Recht, hier zu leben. Punkt.

Wir fordern:

• Eine Strategie gegen Rassismus: Wir brauchen ein konsequentes, rechtstaatliches Vorgehen gegen Rassismus, Antisemitismus und sämtliche menschenfeindliche Einstellungen. Wir brauchen eine Gesellschaftspolitik und eine Abgabenordnung („Gemeinnützigkeit“), die das ausdrücklich umsetzt. Und Deutschland muss seine Grundsätze und Verfahren bei der Strafverfolgung von Rassismus überarbeiten und verbessern, wie es der UN-Ausschuss für die Beseitigung rassistischer Diskriminierung(CERD) bereits 2013 gefordert hat.

• Eine konzentrierte Bekämpfung von Rechtsextremismus und anderen menschenverachtenden Ideologien: Die derzeitigen Maßnahmen gegen die Verbreitung rechter und nationalchauvinistischer Ideologien und Verschwörungstheorien gehen nicht weit genug. Wir fordern einen radikalen Ausbau der Ressourcen für den Schutz der Menschen in Deutschland und gegen Hetze im Internet. Mit Sicherheitspolitik ist das Problem aber nicht getan. Wir brauchen vor allem Investitionen in Prävention und eine entsprechende Gesellschaftspolitik, die Rassismus und Antisemitismus ächtet (s. oben).

• Ein verbrieftes Recht auf Teilhabe: Parteien, Behörden, Wohlfahrtsverbände und viele andere Bereiche sind 2020 immer noch überproportional weiß. Die Gleichstellung aller Menschen im Land muss Priorität bekommen und auf gesetzliche Grundlage gestellt werden (Partizipationsgesetz). Wir brauchen außerdem eine Quote für People of Color und Schwarzen Menschen, denn freiwillig funktioniert es offenbar nicht.

• Wahlrecht für alle: Millionen Menschen leben seit vielen Jahren in Deutschland und sind von der politischen Teilhabe ausgeschlossen. Das ist in einem modernen Migrationsland mit demokratischem Anspruch nicht zeitgemäß. Alle, die ihren Lebensmittelpunkt länger als drei Jahre in Deutschland haben, sollten das kommunale Wahlrecht erhalten. Ab fünf Jahren fordern wir ein umfassendes Wahlrecht, auch auf Bundesebene.

• Ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht: Die deutsche Staatsbürgerschaft bringt Eingewanderten rechtliche Gleichstellung und verbessert die Bildungschancen ihrer Kinder. Außerdem sollten in einer Demokratie so viele Einwohner*innen wie möglich zum „Staatsvolk“ gehören. Wir brauchen dafür eine Erweiterung des Bodenrechts (birthright citizenship): Neugeborene sollten unabhängig vom Status ihrer Eltern deutsche Staatsbürger*innen werden, wenn sie in Deutschland zur Welt kommen (bisher ist das an Voraussetzungen geknüpft). Einbürgerungen sollten erleichtert und kostenlos werden

• Radikale Reformen im Bildungssystem: Rund 40 Prozent der Kinder, die in die Schule kommen, haben einen sogenannten Migrationshintergrund – in manchen Großstädten mehr als die Hälfte.  Also muss im Unterricht die Geschichte des Einwanderungslands präsenter werden. Für Fälle von Diskriminierung in der Schule brauchen wir unabhängige Beschwerdestellen. Bildung darf nicht segregiert stattfinden und Lehrpläne müssen explizit auf Kolonialismus, Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierungen eingehen.

 

Das ist das Manifest der ndo: Die neuen deutschen organisationen sind ein Netzwerk von rund 100 postmigrantischen Initiativen aus ganz Deutschland, die sich für Vielfalt und gegen Rassismus engagieren. Die Geschäftsstelle wird gefördert durch die Stiftung Mercator.

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