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Allgemein

Im Schatten der Anerkennung

Antikurdischer Rassismus in Deutschland

Die kurdische Bevölkerung verteilt sich heute auf die Staatsgebiete der Türkei, Syriens, Irans und Iraks. Dort wird sie sowohl ethnisch, religiös, als auch politisch verfolgt und vernichtet. In Deutschland leben schätzungsweise 500.000 bis eine Million Kurd*innen. Viele von ihnen flüchteten entweder selbst oder sind Nachfahren Geflüchteter. Doch Deutschland ist leider kein sicherer Hafen, denn auch hier herrscht ein feindliches Klima Menschen mit kurdischen Wurzeln gegenüber. Darüber wird in öffentlichen Diskursen allerdings meist geschwiegen.

Warum ist das so?

Viele antirassistische Diskurse übergehen die herrschenden Diskriminierungsverhältnisse gegenüber der kurdischen Diaspora. Laut Autorin Ronya Othmann liegt das daran, dass wir Antirassismus in Dominanz- und Minderheitenverhältnissen denken – quasi weiße vs BIPoCs. Die Dynamiken innerhalb von Minderheitengruppen sind aber wiederum selbst mit Machtverhältnissen versehen. Dominante Minderheiten, beispielsweise Türk*innen, verstehen sich hauptsächlich als Opfer des Rassismus der weißen Dominanzgesellschaft und beschäftigen sich deswegen kaum mit dem Rassismus, den sie selbst z.B. den Kurd*innen gegenüber hegen. ,,Des Weiteren taucht immer wieder der Vorwurf der ,Spaltung’ auf: ,Für einen deutschen Nazi sind wir sowieso alle gleich’, heißt es oft.’’

Unsichtbar gemacht 

Mit dem Anwerbeabkommen zwischen Deutschland und der Türkei, kamen auch viele kurdische Gastarbeiter*innen nach Deutschland. Warum du davon noch nie gehört hast?  Weil es statistisch nie festgehalten wurde. Deutschland orientierte sich bei vielen rechtlichen Fragen an der Türkei, die die Exitenz der Kurd*innen schlichtweg negiert. Bis heute werden Kurd*innen in Deutschland aus diesem Grund selten als eigene Ethnie erfasst und deswegen war es kurdischen Eltern auch hier lange nicht möglich, ihren Kindern kurdische Namen zu geben, denn in der Türkei waren sie bis in die 90er Jahre verboten. 

Im Yekmal Podcast erklärt Destan Jasim, dass Deutschland schon immer ein sympathisierendes Verhältnis zum Kemalismus gehabt habe, der Kurd*innen als Unruhestifter*innen vorführt. Das würde auch die Berichterstattungen der 90er Jahre erklären: Kurd*innen wurde die Schuld für unzählige Angriffe und Attentate in die Schuhe geschoben. Wenn Angriffe von türkischen Rechten ausgingen, wurde von ,,Shisha-Bar-Morden’’ gesprochen, ,,es ging um Wettschulden’’ oder aber es seien interne Probleme unter Türken gewesen. Dass diese Taten antikurdische Motive aufweisen, wurde nie benannt und bis heute nicht aufgearbeitet.

Rechtsextremismus

Getrieben von der Ideologie eines großtürkischen Reichs, sind die ,,Grauen Wölfe’’ Verfechter*innen des Turanismus, also der Idee, dass die Turkvölker anderen Ethnien überlegen seien. 

 

,,Die sogenannten „Grauen Wölfe“ überhöhen die türkische Nation und betonen angeblich islamische Werte. Sie hetzen gegen tatsächliche oder vermeintliche Linke und alle Nicht-Türken – wozu sie auch Armenier oder Kurden zählen […].“

 

Die Wurzeln der Bewegung reichen bis in das Osmanische Reich zurück, im Zweiten Weltkrieg sympathisieren die Nationalsozialisten mit der turanistischen Rassenideologie und später kamen mit der türkischen Gastarbeiter*innenbewegung auch die ,,grauen Wölfe’’ nach Deutschland.

Heute sind die ,,grauen Wölfe“ die größte rechtsextreme Organisation Deutschlands. Türk Federasyon,  ATIB und ATB gelten als Dachverbände der Bewegung. Sie unterhalten ca. 300 lokale Vereine, die unter Namen wie ,,Türkisches Kulturzentrum’’ zwar völlig harmlos und unpolitisch wirken, aber als Selbsthilfeorganisationen, Moscheegemeinden, Kultur- und Elternvereine, Unternehmerverbände, Jugendgruppen und Fußballclubs aktiv das Sozialleben türkeistämmiger Menschen in Deutschland gestalten – und so ihre nationalistische und rassistische Ideologie verbreiten. Auch wird das Bestreben verfolgt, ,,graue Wölfe’’ in deutsche Parteien einzuschleusen, um von dort aus dafür zu sorgen, dass kurdische Anliegen keine (finanzielle) Unterstützung erhalten.

Was geschehen muss

Eine Menge. Zunächst muss die statistische Erfassung von kurdischen Menschen in Deutschland ermöglicht werden, um sie und ihre Rassismuserfahrungen sichtbar zu machen. Außerdem müssen kurdische Vereine, wie z.B. Yekmal, staatlich unterstützt. Von ihnen geht eine Menge der Bildungs- und Antirassismusarbeit aus, die von der gesamten deutschen Gesellschaft noch verinnerlicht werden muss. Vor allem auch Lehrer*innen müssen lernen antikurdischen Rassismus zu erkennen und zu benennen, denn die Diskriminierung in Form von Alltagsrassismus startet oftmals schon in der Schule und geht von Klassenkamerad*innen aus.

Die Bekämpfung von antikurdischem Rassismus liegt zur Zeit komplett in der Verantwortung der Betroffenen. So sollte das nicht sein und so darf es nicht weitergehen. Deswegen belest auch ihr euch, bildet euch weiter, redet mit euren nationalistischen, rassistischen Verwandten und steht für Kurd*innen ein. Antirassismus, der antikurdischen Rassismus ignoriert, ist kein echter Antirassismus.




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