Während wir in einem Café am Kölner Heumarkt an unserem Wein nippen, schauen wir uns die gegenüberliegende Location an. In den folgenden Stunden wird in diesem Setting die Band Akustolia auftreten. Noch kennen wir die Band nur namentlich und durch ihre YouTube-Präsenz. Live haben wir sie noch nicht erleben dürfen. Und noch ahnen wir nicht, dass sie mit ihrem Live-Auftritt diesen grauen, düsteren und verregneten Tag bunter erscheinen lassen werden.
Akustolia lässt türkische sowie englische Stücke, die in Deutschland nicht sehr bekannt sind, mit Musikrichtungen wie Bossa Nova, Tango, Reggae und weiteren vielfältigen Melodien aus aller Welt verschmelzen.
Wir nähern uns der Tür. Der Sänger und Gitarrist der Band Ozan Koç bittet uns hinein. Sie sind gerade dabei, den Soundcheck durchzuführen. Während wir uns einen guten Platz suchen, betrachten wir die Umgebung und dürfen schon einmal der Musik, die wir später genießen dürfen, probeweise lauschen. Akustolia steht uns mit den gesamten Mitgliedern gegenüber. Melih Merdan (Sänger), Ozan Koç (Sänger, E-Gitarrist), Onur Özgüner (Trombone), Ahmet Kurt (Bass), Ufuk Çakır (Gitarrist), Serdar Dalgıç (Cajon), Mona Pandey (Geige). Nach guten zwanzig Minuten setzen wir uns mit allen Mitgliedern in eine ruhige Ecke und beginnen unser Interview.
Wann und wie wurde Akustolia gegründet?
Melih: Es war 2013. Ich hatte mich entschlossen, in Deutschland zu bleiben. Danach dachte ich mir, wenn ich schon hier bleibe, kann ich wenigstens eine Gruppe gründen. Ozan und ich kennen uns schon jahrelang. Ich habe mit ihm die Idee geteilt, dass man eine Musikband gründen könnte. Er ist sofort darauf angesprungen und so haben wir uns auf diesem Weg gemeinsam wiedergefunden.
Ozan: Da sich die in Deutschland lebenden Musiker*innen schon untereinander kannten, war es auch nicht schwierig, die Gruppe in kurzer Zeit zu vervollständigen.
Was bedeutet der Name Akustolia?
Melih: Akustalia ist ein Zusammenspiel der Begriffe Akustik und Anatolia. Wir wollten die Musik, welche aus Anatolien stammt, mit einem akustischen Sound vermischen. So haben wir zunächst angefangen. Als die Gruppe entstanden ist, hatten wir sogar eine Bağlama (türkische Laute). Später haben wir angefangen einen allgemeineren Sound zu etablieren. Da die Türkei ein Ort ist, an dem sich Musikkulturen aus dem Osten und dem Westen sowie aus dem Norden und dem Süden überschneiden und decken, wollten wir diese Universalität mit unserer Musik beweisen.
Wie würdet Ihr Euer Publikum beschreiben?
Melih: Es ist sehr interessant zu sehen und festzustellen, dass wir ein großes und dynamisches Publikum für uns gewinnen konnten – daran hätten wir nie geglaubt. Beim letzten Konzert, das wir in Düsseldorf gegeben haben, bestand die Hörerschaft aus 80-90 Prozent Deutschen. Nach dem Konzert sind sie zu uns gekommen und sagten, wie sehr sie bewegt waren und wie sehr ihnen die Musik gefallen hätte. Diese Art von Feedback macht uns sehr glücklich.
Heute spielt Ihr mit Noémi Schröder. Ist sie offizielles Bandmitglied?
Ozan: Mit Noémi standen wir im Rahmen eines multi-kulti Projektes gemeinsam auf der Bühne. Dabei hatten wir viel Spaß und auch das Publikum reagierte positiv. Seitdem stehen wir bei manchen Konzerten gemeinsam auf der Bühne.
Melih: Als wir das erste Mal gemeinsam auf der Bühne standen, bekamen wir so viel positives Feedback, wodurch wir sehr motiviert wurden – es war einfach unbeschreiblich. Nachdem wir gesehen haben, wie gut türkische und französische Lieder, die wir gemeinsam mit Noémi gesungen haben, zueinander passen, haben wir beschlossen, dieses Konzept beizubehalten. Auch wenn sie kein festes Mitglied der Gruppe ist, treten wir, wie heute auch, ab und zu gemeinsam auf.
Wie erfolgt die Songauswahl?
Melih: Als erstes haben wir mit türkischen Coversongs angefangen. Danach ergänzten wir unser Repertoire Schritt für Schritt mit verschiedenen Liedern. Daraufhin haben wir angefangen, am Mashup Spaß zu haben. Das heißt, dass wir ein paar Lieder gemischt, die Mischung als ein Stück präsentiert und ein neues Cover-Verständnis entwickelt haben.
Ozan: Wir haben uns sogar so sehr an das Mashup gewöhnt, dass wir uns mittlerweile langweilen, wenn wir ein Lied auf eine normale Art und Weise spielen. Inzwischen verbinden wir ein Lied direkt mit einem anderen. So besteht unser Repertoire auch zum größten Teil aus Mashup-Liedern.
Wo, in welchen Städten spielt Ihr überwiegend?
Ufuk: Unsere Proben finden in Düsseldorf statt. Meistens treten wir in NRW, besonders in Düsseldorf und der Nähe auf, jedoch finden unsere Konzerte auch an anderen Orten statt. Zum Beispiel hatten wir letztens in Belgien ein Konzert. Und wenn aufgrund der Pandemie nichts verboten wird, treten wir am 24. Oktober in Enschede (Niederlande) auf.
Ihr habt auf Spotify mehrere Singles veröffentlicht. Plant Ihr auch, ein Album rauszubringen?
Melih: Klar. In dieser Konstellation spielen wir seit knapp drei Jahren und wir haben uns mehr als nur aneinander gewöhnt. So langsam wollen wir unsere eigenen Lieder, aber auch diverse Volkslieder spielen und veröffentlichen, um diese in einem Album festzuhalten.
Wollt Ihr noch etwas hinzufügen?
Serdal: In Deutschland werden viele große Veranstaltungen organisiert. Bekannte Künstler*innen und Bands spielen unglaublich viele Konzerte hier. Das ist natürlich eine schöne Sache, jedoch haben wir den Wunsch, dass auch unabhängige und nicht so berühmte lokale Bands endlich mehr Unterstützung erhalten. Meiner Meinung nach liefern wir eine gute Leistung und daher wünsche ich mir, dass unsere Band oder ähnliche Gruppen so langsam mehr Möglichkeiten bekommen, um sich zu präsentieren.
Ufuk: Ich möchte hier noch etwas anmerken: Beim Zusammenfügen von türkischen, englischen und französischen Liedern verbinden wir auch verschiedene Kulturen und das zeigt uns, dass wir uns alle in einer Harmonie befinden. Während Rassismus auf der Welt immer mehr in den Vordergrund tritt, macht es uns sehr glücklich, dass die Musik die Menschen miteinander verbindet und dass wir diesbezüglich so positive Reaktionen bekommen. Dies verleiht der Arbeit einen bunten Anstrich.
Wir bedanken uns sehr und sind gespannt auf das Konzert.
Akustolia: Wir bedanken uns.
Wie es nach dem Soundcheck erwartet war, erlebten wir eine wunderbare Bühnenperformance. Die Songs aus dem Repertoire ließen uns in nostalgischen Erinnerungen schwelgen und moderne sowie alternative Stücke brachten uns zum Abdancen. An alle, die sich in NRW befinden, empfehlen wir, Akustolia definitiv so schnell wie möglich live zu erleben.
Interview und Text: Berivan Kaya
Fotos: Nathan Dreessen
Übersetzung ins Deutsche: Zade Ibi
Hier findet ihr Akustolia auf Instagram.