Matze, Redakteur bei renk., hat das Glück, immer mal wieder türkischen Musiker*innen über den Weg zu laufen. Wenn er in Istanbul ist, lernt er ständig Menschen kennen, die Teil der Istanbuler Indie-Szene sind. Diesmal hat er auf ganz traditionellem Weg Kontakt mit „Komik Günler“ aufgenommen, nachdem er sie auf einem ihrer Konzerte im März kennengelernt hat. Ein paar Wochen später hat er sich mit dreien der Bandmitglieder auf einem Balkon in der Nähe vom Galata Turm getroffen.
2007 haben Komik Günler (dt: Lustige Tage) angefangen, auf den Straßen von Ankara zu spielen. Die Gruppe, die aus einer wechselnden Zusammensetzung von 7 Musikern besteht, ist daraufhin vor langer Zeit nach Istanbul gezogen, wo sie zunächst die Straßen Beyoğlus bespielten und uns später uns durch unsere Kopfhörer mit ihrem türkischen Reggae-Flow begleiteten. Komik Günler macht aber nicht nur Reggae sondern auch Ska, Funk, Balkan und Swing. Obwohl eine genaue Kategorisierung durch die uns zur Verfügung stehenden Genres wie Rock und Pop nicht möglich ist, eins steht fest: Komik Günler sind Straßenmusiker durch und durch.
Von den Straßen Beyoğlus bis ins Studio
Jahrelang hat die Gruppe auf den Straßen von Beyoğlu, und in den vielen kleinen Cafes, die die Istiklal umgeben, gespielt. Vieles war improvisiert: „Wir sind von der Straße geprägt. Das heißt Solo, Chorus, Saxofon-Solo, Melodie – immer Solos. Jetzt mit 7 Typen auf der Bühne machen wir die ‚Solos’ halt zusammen“, meint Faruk. Mittlerweile sind sie weniger oft auf der Istiklal zu sehen. Es gibt sie noch, die Orte, an denen die unbeliebten Zabıta (dtsch. Ordnungsbeamte) Musikern keinen Stress machen. Beyoğlu aber sei nicht wie vor 5 Jahren, bedauert Cihan mit einem Halblächeln: „Früher war Beyoğlu entspannt, aber mit den vielen Einschränkungen, die die Regierung durchsetzt, schließen unzählige Läden und Bühnen. Und jetzt ist es scheiße hier“.
Während sie auf den Straßen spielten, hat die Gruppe angefangen, ihr erstes Album aufzunehmen. „Kurtların Arasında“ (Unter Wölfen) wurde 2014 veröffentlicht. “Eigentlich entstand das Album auf der Bühne beim Improvisieren“ sagt Faruk. Obwohl die Jungs sagen, sie hätten keine Ahnung von PR , haben sie auf Spotify und YouTube eine ganz schöne Reichweite. Vor allem in den WG-Zimmern vieler Student*innen hört man sie oft. Mit Liedern, wie dem melodischen „Dünya (dtsch. Die Welt)“, die dich zum Joint greifen lassen, während du den Zustand der Welt bedauerst, und „Kanayana Kadar (dtsch. Bis es blutet)“, einer traurigen Liebesgeschichte, bringt die Band ihre Zuhörer*innen sowohl zum Nachdenken als auch zum Tanzen.
Auf der Bühne und am Strand
Langweilig ist also keine passende Beschreibung für ein Komik Günler-Konzert. Laute Musik und gute Laune ist vorprogrammiert, und die Tanzbeine sind immer in Bewegung. Die Gruppe spielt auch oft mit anderen Musiker*innen und Bands zusammen – Bandista, eine der bekanntesten revolutionären Gruppen in der Türkei. Letztes Jahr organisierten sie auch das İlle de Hayat (Egal was, Leben)-Festival, wo nicht nur Bandista, sondern auch andere Musiker wie LuXus und Anna RF mitspielten.
Im Sommer sind die Komik Günler unterwegs, in Olympos auf Campingplätzen, wo sie die schon gute Laune der jungen Urlauber*innen noch verbessern. Auch wenn man nicht das nötige Kleingeld hat, um die Jungs in Antalya live zu erleben, ihre Musik ist trotzdem ein Heilmittel zum Ende eines anstrengenden Tages oder die perfekte Musik für einen Abend mit Freunden. Nebenbei ein Bierchen aus dem Kühlschrank und fertig ist das Urlaubsfeeling: „Morgens Bier, ab Mittag Rakı“ schlagen die Jungs vor. „Aber kiffen,“ sagt Faruk, „und das möchte ich betonen, kiffen tun wir auf keinen Fall!“
Klingt nach deinem Geschmack? Zieht euch das Album von Komik Günler auf Spotify oder YouTube rein und folgt den Jungs auf Facebook!
Matzes Pick: İlle de Sokak
Credits
Titelbild: Komik Günler
Fotos: Melih Cem Kılıç