Die meisten kennen sie aus dem Film „Almanya-Willkommen in Deutschland“ von 2011. Seitdem hat Demet Gül in zahlreichen weiteren Filmen mitgewirkt: „8 Sekunden“ und „Einmal Hans mit scharfer Soße” sind die wohl Bekanntesten in Deutschland. Den Kurzfilm „The House in the Evelope“, der als Teil des Omnibusfilms „A Quintet“ für den Deutschen Filmpreis Lola nominiert ist, hat sie nicht nur selbst produziert, sondern gleichzeitig auch die Hauptrolle gespielt und das Drehbuch mit verfasst.
In der Türkei kennt man sie als „Maşuka“ aus der türkischen Serie ,,Ulan Istanbul“. Nebenbei kann man Gül einmal im Monat auf der Theaterbühne in München sehen, wo sie das Schauspielern gelernt hat. Wir haben sie an einem sonnigen Tag in Galata (Istanbul) getroffen.
Theaterstücke, in denen Türken in Deutschland mitspielen, behandeln fast ausschließlich Migrationsthemen. Wie findest du das?
Das ist ein sehr wichtiges Thema. Wir müssen darüber sprechen, wie unsere Familien nach Deutschland gekommen sind und welche Schwierigkeiten sie in einem damals fremden Land hatten. Migration wird auch immer ein Thema bleiben, besonders angesichts der vielen Geflüchteten. Obwohl ich in Deutschland geboren wurde und aufgewachsen bin, werde ich immer wieder in die Migrationshintergrund-Schublade gesteckt -vollgepackt mit Vorurteilen und Klischees. Ich erwarte nach so vielen Jahren ein bisschen mehr Selbstverständlichkeit. Immerhin sind unsere Eltern in dieses Land geholt worden, um es wieder aufzubauen. Es sollte selbstverständlich sein, dass wir auch deutsche Rollen spielen dürfen. Deutsche dürfen ja auch türkische Rollen spielen. Ich finde also: Es gibt immer noch einen Konflikt in der Gesellschaft. Daran müssen wir arbeiten und da können Film und Theater ein sehr wichtiges Hilfsmittel sein.
Was hältst du von der Theaterausbildung in Deutschland?
Ich habe an der staatlichen Fachakademie für darstellende Kunst “Otto-Falckenbergschule” in München studiert. Wenn du deine Ausbildung an einer staatlichen deutschen Schauspielschule gemacht hast, wird das von der Szene sehr geschätzt. Ich denke, wenn man ein Schauspieler sein möchte – in Deutschland und international -, sollte man in jedem Fall eine Theaterausbildung machen. Die deutsche Ausbildung ist da keine schlechte Adresse.
Wie bist du vor der Kamera gelandet?
Mein Plan war eigentlich nach der Schauspielschule ans Theater zugehen. Dann habe ich schon während meinem Intendantenvorsprechen Anfragen für ein Casting bekommen, wofür ich mich gar nicht beworben hatte. Ich hatte noch gar kein Agentur. Das war das Casting von „Almanya – Willkommen in Deutschland“ – Mein erster Film und gleich die Hauptrolle.
Wenn du die Arbeit am Film-Set in der Türkei mit den Sets in Deutschland vergleichst, welche Unterschiede siehst du?
Die Türken sind ziemlich schnell, was das Drehen angeht. Gleichzeitig haben sie zu wenig Zeit. Serien zum Beispiel, die Spielfilmlänge haben, müssen manchmal innerhalb von 5 Tagen gedreht werden. Das war der Fall bei der Serie „Ulan Istanbul“. Aber meine erste Dreharbeit in der Türkei war eigentlich mein eigener Film. Den habe ich selbst produziert, mithilfe der Regisseure geschrieben und die Hauptrolle gespielt. Das Filmteam war deutsch-türkisch gemischt.
Meine Erfahrung dabei war, dass die Türken ziemlich schnell und flexibel gearbeitet haben, während die Deutschen sich auf ihre spezifischen Aufgaben konzentriert haben. Auch wenn Türken gerade sehr busy sind, aber merken, dass es da irgendwas zu machen bzw. zu helfen gibt, dann erledigen sie es schnell und lehnen es nicht ab. Wessen Aufgabe das dann ist, ist nicht wichtig. Wir machen vieles eben gemeinsam.
Wirst du dort eher als Deutsche wahrgenommen?
Naja, jedes Mal, als ich am Set ankam, sagten meine Kollegen lächelnd: „Die deutsche Disziplin ist da!“ Ich achte sehr auf die Zeit. Wir versuchen binnen einer Woche alles zu schaffen und dafür müssen wir sehr viele Stunden arbeiten. Die Dreharbeiten dauern oft bis spät in die Nacht.
Wie wählst du deine Projekte aus?
Mein erstes Kriterium ist das Szenario. Danach kommt die Frage, ob der Charakter mein Interesse weckt. Als nächstes natürlich die Leute, mit den ich arbeiten werde. Ich mag Improvisation. Als Schauspielerin füge ich dem Charakter weitere Aspekte hinzu. Manche Regisseure haben aber eine klare Vision. Ich mag es auch mit Regisseuren zu arbeiten, die ganz genau wissen, was sie haben wollen und einen klaren Plan haben.
Welche Rolle hat dich bisher am meisten herausgefordert?
Es ist nicht so entscheidend, welchen Charakter ich spiele, sondern es gefällt mir, wenn ich unterschiedliche Figuren charakterisieren kann. „Almanya“, als mein erster Film, ist mir sehr wichtig. Als ich zum erstem Mal von dem Film bzw. über den Charakter gehört hatte, wollte ich unbedingt diese Rolle spielen. Danach folgte „Ulan Istanbul Maşuka“. Die Dreharbeiten haben richtig viel Spaß gemacht.
Spaß ist eigentlich die Hauptsache! Denn wenn ich Spaß habe dann kann ich auch alle Schwierigkeiten bewältigen.
Wie sieht deine Zukunft aus? Wirst du in Istanbul bleiben oder zurück nach Deutschland gehen?
Man weiß nie, was die Zukunft bringt. Aber ich werde sicher weiterhin als Schauspielerin, Autorin und Produzentin arbeiten. Momentan pendle ich sehr viel zwischen Deutschland und der Türkei, da ich Projekte in beiden Ländern habe. „Müthiş Bir Film“ zum Beispiel kommt in den nächsten Monaten ins Kino. Der Vorteil an meinem Job ist, dass ich ihn überall auf der Welt ausüben kann.
Fotos: Melis Büyükbaş