Das System Gefängnis

Ist das System veraltet? Und für wen ist es sinnvoll?

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Das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) definiert Gefängnisse als Orte, in denen sich Menschen befinden, denen ihre Freiheit entzogen wurde.

Gefängnisse sind weltweit ein zentrales Strafmittel. In Europa galt der Freiheitsentzug als eine Abwandlung der Todesstrafe oder als Alternative zur Geldstrafe.
 Gefängnisse beherrschen seit dem 19. Jahrhundert den Umgang mit Straftäter*innen.
 Bis Mitte des 16. Jahrhunderts wurde noch im Sinne der Vergeltung gestraft. Körperliche Bestrafung soll durch ein neues Strafsystem abgelöst werden. Freiheitsentzug richtet sich also nun nicht primär an den Körper, sondern vor allem auf die Seele.

Wenn wir darüber nachdenken, wie bestraft wird, müssen wir uns auch Gedanken machen warum gestraft wird.

Freiheitsstrafe in Deutschland entlehnt sich als Sanktion aus dem Strafgesetz. Dieses soll in Form von Gerichten und Richter*innen im Namen des Volkes urteilen. Das Gefängnis ist als ein Ausdruck des staatlichen Gewaltmonopols anzuerkennen
. Eine Freiheitsstrafe soll zum einen die Funktion der Abschreckung und Sicherung erfüllen. Zum anderen soll der Strafvollzug durch eine bestimmte Wertevermittlung einen resozialisierenden Effekt hervorrufen und präventiven Charakter haben, das heißt vor zukünftigen Straftaten bewahren. Also eine Art System der Kontrolle und Normierung.

 

De-Sozialisierung statt Re-Sozialisierung

Kriminologische Studien zeigen unter anderem, dass die angestrebten Effekte des Vollzuges der Freiheitsstrafe, wie Resozialisierung und Prävention, mittlerweile nicht ausreichend effektiv sind.
 Resozialisierung als Inhaftierungsgrund würde zum einen bedeuten, dass alle strafgefangenen Personen nicht in der Lage wären, sich den Regeln der Gesellschaft und dem sozialen Miteinander gemäß zu verhalten. Zum anderen nimmt es an, dass dieser Zustand für alle auf die gleiche Art und Weise zu verändern wäre – mit Freiheitsentzug.
 Hohe Suizidraten, Drogenkonsum, unverhältnismäßige Entlohnung, Stigmatisierung, Verlust sozialer Kontakte und damit auch die Unterdrückung bestimmter Bedürfnisse sind nur wenige der vielen Folgen der Haftstrafe. Diese sprechen eher für einen desozialisierenden Effekt.

 

Wer kommt in’s Gefängnis?

Oft sind es die Personen, die von der Gesellschaft stark benachteiligt werden.
 Die meisten Haftstrafen entstehen als sogenannte „Ersatzfreiheitsstrafe“ also dann, wenn eine verhängte Geldstrafe nicht bezahlt werden kann.
 Aus aktuellen Zahlen geht hervor, dass der Anteil an Personen ohne deutsche Staatsbürgerschaft in deutschen Gefängnissen enorm gestiegen ist. In Berlin beispielsweise haben weniger als ein Drittel der inhaftierten Personen einen deutschen Pass. Bundesweit habe sich dieser Anteil in sehr kurzer Zeit über die Jahre verdoppelt.

Hier spielen vor allem Faktoren wie eine rassistische Einstellung von Polizei und Justiz, die Kriminalisierung von Drogen, die Politik um Geflüchtete oder die Chancenungleichheit von weißen und BIPoC-Personen eine Rolle.
 Beispielsweise müssen geflüchtete Personen mit unklarem Aufenthaltsstatus in sogenannte „Abschiebehaft“, sofern dies vom Gericht beschlossen wird. Untergebracht werden diese Personen meist im regulären Strafvollzug, was aber gegen das Aufenthaltsgesetz verstößt.

Gefängnisse gelten als eine Art rechtfreier Raum. In diesem sind die Personen in Haft körperlicher, psychischer oder sexueller Gewalt, ausgehend vom Personal oder anderen Inhaftierten ausgesetzt.

„Aus den Augen, aus dem Sinn.“

Da der Vollzug von der Öffentlichkeit verborgen stattfindet, können diese Missstände auch schwer überwacht werden. Überwacht werden nur diejenigen, die als Täter*innen gesehen werden.

Über 180 rassifizierte Morde durch Polizeibeamt*innen an Menschen in Untersuchungshaft.

Institutionelle Gewalt ist ein Thema, das eine sehr wichtige Rolle spielt, wenn wir über das System Gefängnis nachdenken. Das Bündnis „Death in Custody“ recherchiert, teils ungeklärte, Todesfälle von BIPoC im Gewahrsam und veröffentlicht Zahlen und Namen der Opfer.

 

Was wären mögliche Alternativen?

„Drehtürvollzug“ meint, dass Personen, die bereits einmal im Gefängnis sein mussten, eine höhere Wahrscheinlichkeit dazu haben, wieder im Gefängnis zu landen.
 Das System Gefängnis besteht seit mehreren hunderten Jahren. Dieses System komplett aufzubrechen ist ein langer Prozess. Dennoch sollten wir diskutieren, was mögliche Alternativen sein könnten. Hier kann über Möglichkeiten wie Täter-Opfer-Ausgleiche, Haftvermeidung durch Entkriminalisierung von Drogen- und Bagatelldelikten oder vermehrte Konzentration auf das Abarbeiten von Strafen nachgedacht werden.

Wichtig ist vor allem auch der Austausch mit Personen im Strafvollzug oder denen, die bereits wieder entlassen wurden.
 Denn nicht jede Geschichte hinter Gittern ist gleich!

Autorin: Dila Oktar

Quellen:
www.humanrights.ch/de/ipf/grundlagen/durchsetzungsmechanismen/europarat/cpt-folter/
www.tatort-zukunft.org/fakten/geschichte-und-gefaengnis/
www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/gefaengnis-2021/341774/geschichte-n-des-gefaengnisses/
www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/berlin-auslaenderanteil-ist-in-den-gefaengnissen-stark-gestiegen-li.1521
www.deutschlandfunk.de/fluechtlinge-hinter-deutschen-gefaengnismauern-100.html
www.zeithistorische-forschungen.de/2-2018/5591
www.rdl.de/beitrag/episode-4-rassismus-tod-gewahrsam-antiziganismus-die-freiburger-polizei

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