Die 65. Internationalen Filmfestspiele Berlin stehen wieder vor der Tür und finden vom 05. bis zum 15. Februar statt. Hier ein paar Worte zu den beiden türkischen Filmen, die bei der Berlinale aus der Türkei vertreten werden.
KAR KORSANLARI / SCHNEEPIRATEN
Faruk Hacıhafızoğlu, geboren 1965 in Kars, Türkei. 1991 schloss er sein Studium der Agrarwissenschaften an der Akdeniz Üniversitesi in Antalya ab und studierte anschließend bis 2002 Contemporary Media Practice an der Westminster University in London. Er arbeitet als Journalist, Fotograf, Produzent und Regisseur. KAR KORSANLARI ist sein erster Film.
Worum es in Kar Korsanları geht:
Die Winter sind hart im Osten der Türkei. Schnee, so weit das Auge reicht, und kaum Kohle zum Heizen, dafür an jeder Ecke Soldaten. In den Achtzigerjahren sind die Folgen der Militärdiktatur hier besonders spürbar. Doch Serhat, Gurbuz und Ibrahim scheint all das nichts anhaben zu können. In den Schulferien ziehen sie mit ihren kleinen Holzschlitten durch die Kälte und sammeln aus Aschehaufen Kohlereste für ihre versprengten Familien. Auf sich allein gestellt, schlagen sie sich durch und erzählen sich dabei immer wieder die wenigen Filme, die sie kennen. Die autoritären Verhältnisse im Land gehören für diese Jungen ebenso zur Normalität wie ihre eigenen Tricks zum täglichen überleben.
Stilistisch konsequent zeigt Faruk Hacıhafızoğlu in seinem Erstlingsfilm die Zeit der Militärjunta aus den Augen der Jungen. In festen Kameraeinstellungen und mit sparsamer Musik erzählt er von der unbeirrbaren Hoffnung seiner jungen Protagonisten. Ihre unzertrennliche Freundschaft und ihr Lebensmut sind stärker als Kälte und Repression.
NEFESIM KESILENE KADAR / UNTIL I LOSE MY BREATH
Emine Emel Balcı, geboren 1984 in der Türkei, studierte Film an der Mimar Sinan Fine Arts University in Istanbul und arbeitete anschließend als Regieassistentin und Drehbuchautorin. 2007 entstand ihre erste Regiearbeit. 2011 nahm sie am Talent Campus der Berlinale teil. NEFESIM KESILENE KADAR ist ihr erster abendfüllender Spielfilm.
Worum geht es in dem Film?
Die junge Halbwaise Serap arbeitet in einer Istanbuler Textilfabrik. Sie wartet sehnsüchtig darauf, dass ihr Vater, ein LKW-Fahrer, endlich sein Versprechen wahr macht und eine Wohnung für sie beide mietet. So lange soll Serap bei ihrer Schwester und deren Mann wohnen. Serap setzt alles daran, dass ihr Wunsch erfüllt wird, spart ihren Lohn für den Vater und gönnt sich selbst nichts. In diesem sturen Beharren dreht sich das übliche Eltern-Kind-Verhältnis fast um. Die Tochter ist diejenige, die sich kümmert und sorgt, die den Vater kontrolliert und ihm Geld zusteckt. Sie blendet aus, dass dem Vater immer wieder nur neue Ausreden und Lügen einfallen. Das realistischere Bild, das die Schwester vom Vater zeichnet, lässt sie nicht gelten. Obwohl die Kamera Serap stets begleitet, erfahren wir nur nach und nach etwas über sie und ihre Lebensgeschichte und wie weit sie für ihren Wunsch zu gehen bereit ist. Diese eindringliche Tochter-Vater-Geschichte erzählt damit auch etwas über den Gefühlsmix aus Sehnsucht, Bedürftigkeit, Lüge, Enttäuschung, Illusion und Wut in existenziellen menschlichen Beziehungen, der mit dem Begriff Liebe zwar fast irreführend, aber häufig bezeichnet wird.