adressarrow-left Kopiearrow-leftarrow-rightcrossdatedown-arrow-bigfacebook_daumenfacebookgallery-arrow-bigheader-logo-whitehome-buttoninfoinstagramlinkedinlocationlupemailmenuoverviewpfeilpinnwand-buttonpricesine-wavetimetwitterurluser-darwinyoutube
Allgemein

Ausländer*innenkinder – Fremd in der Heimat (Part 2)

Zwischen zwei Kulturen

Nicht zu wissen, woher man kommt, klingt für viele zunächst eigenartig. Allerdings befinden sich viele Menschen aus Einwandererfamilien in einer derartigen Identitätskrise. Im Herkunftsland der Eltern werden in Deutschland lebende Migrant*innen als Ausländer*innen angesehen, in Deutschland aber auch.

Hinzu kommt, dass unter anderem viele alevitische, kakaische oder auch ezidische Personen ausgeschlossen werden. Sprich, innerhalb der eigenen Migrant*innen-Community aus der SWANA-Region stammender Menschen. Denn Alevit*innen, Christ*innen und Ezid*innen stellen eine religiöse Minderheit in dem überwiegend muslimischen Süd-/ Westasien dar. Nirgends dazuzugehören bedrückt demnach einige Menschen ein ganzes Leben lang

Die meisten in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationsgeschichte haben einen westasiatischen Hintergrund. Mit rund 2,75 Millionen Menschen bilden Migrant*innen aus der Türkei, so der Mediendienst Integration, die größte Anzahl an Migrant*innen in Deutschland.[1] Dazu zählen unter anderem Kurd*innen, Armenier*innen, Assyrer*innen und andere in der Türkei lebende Völker. Einige von ihnen kamen zwischen den Jahren 1960 und 1973 durch das Anwerbeabkommen als Gastarbeiter*innen nach Deutschland. Viele von ihnen flüchteten auch nach Deutschland, weil sie in ihren Heimatländern wie der Türkei, dem Iran oder Irak aufgrund ihrer Religion oder Ethnie verfolgt wurden.

Das Bekenntnis zu ihrer Kultur ist für viele deshalb auch ein wesentlicher Teil ihrer Identität und oft auch ein Akt des Widerstandes. Aufgrund dessen ist es vielen Familien wichtig, die Kultur des Herkunftslandes aufrechtzuerhalten. So wachsen die Kinder der Einwander*innen zwischen zwei oder sogar drei Kulturen auf. Zum einen der der Eltern und zum anderen der deutschen Kultur. Manchmal kommt da auch die Kultur des Herkunftslandes der Eltern hinzu, welches nicht unbedingt oder deckend ihrer eigentlichen Kultur entsprechen muss. Die Konfrontation mit Vorurteilen aus beiden Gesellschaftsgruppen zwingt die Zugehörigkeit zu einer nationalen Identifikation förmlich auf. Viele Personen der zweiten und dritten Generation haben eine doppelte Staatsbürgerschaft. Auch weil einige Familienmitglieder im Herkunftsland leben. So besteht für sie automatisch eine konstante Verbindung zwischen den beiden Ländern: Deutschland und das Geburtsland der Eltern oder Großeltern.

Eine Differenzierung zwischen Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder Religion führt zur Ausgrenzung und bestärkt bei Betroffenen das Gefühl, nicht dazuzugehören. Die Wurzeln in einem anderen Land oder eine andere Hautfarbe zu haben, einer anderen Religion anzugehören und andere Traditionen auszuleben – das alles sollen Nachteile sein? Wird erwartet, sich so anzupassen, dass die eigenen Werte aufgegeben werden und seine Identität zu leugnen?

Eine Assimilation scheint für viele der einzige Weg zu sein. Also eine Kultur für eine andere so weit es geht aufgeben? Assimilation ist nicht zu verwechseln mit der “Integration”, denn Assimilation bedeutet Unterdrückung. Mit Integration wird oft im positiven Kontext das Integrieren in eine Gesellschaft gemeint – wobei der Begriff auch oft einen faden Beigeschmack hat. Es stellt sich die Frage, wie sich in Deutschland geborene oder schon über Jahrzehnte in Deutschland lebende Menschen integrieren sollen.

Zu unterscheiden sind da auch Menschen aus dem Exil oder der Diaspora. Mitglieder einer Diaspora besitzen oftmals eine enge emotionale Bindung zum Ursprungsland und pflegen ihre eigene kulturelle Identität, doch sind trotzdem in der Lage, sich mit einem Leben in einem anderen Land zu arrangieren und soziale sowie symbolische Verbindungen zum Aufenthaltsland aufzubauen. Exilierte hingegen betrachten das Land eher als “Gastland”, welches ein vorübergehender Aufenthalt sein soll.

Doch muss man sich dafür ausschließlich einer Kultur zugehörig fühlen? Wir befinden uns in einer Zeit, in der transkulturelle Muster keine Seltenheit sind. Vor allem in Migrant*innen-Familien werden kulturelle und auch religiöse Eigenschaften übernommen, die sowohl dem Herkunftsland und daneben der deutschen Kultur zuzuschreiben sind. Moslem oder Muslima sein und Weihnachten feiern, Christ*in sein und Aşure kochen – warum soll das falsch sein?

Transkulturalität

Die Transkulturalität zeichnet sich durch das Verwischen oder sogar Aufheben von kulturellen Grenzen aus. „Trans“ leitet sich dabei vom Lateinischen ab und beschreibt die kulturellen Aspekte als quer durch die Gesellschaft hindurch gehend. Transkulturalität hat keine autonome Struktur, wodurch sich alle Kulturen voneinander klar abgrenzen. Vielmehr wird sie durch eine Mischung und ein Durchdringen der Kulturen gekennzeichnet.[2] 

Ein weiterer Aspekt sind die vermeintlich leichten Entscheidungen bezüglich der Staatsbürgerschaft, wo viele oft auf Unverständnis stoßen. Sprüche wie „Du lebst doch hier, warum hast du noch den türkischen Pass“ oder „Dann zieh doch zurück dahin wo du herkommst“, bestärken die Zweifel meist. Gesehen wird dabei nicht, dass sie eine große Verbindung zum Herkunftsland haben, nicht zuletzt aufgrund der Verwandten, wovon oftmals einige oft noch dort leben. Die Zerrissenheit und der ständige Drang, sich entscheiden und definieren zu müssen, begleiten somit viele Menschen lebenslänglich.

Soziale Identität baut auf sozialen Handlungsfeldern und den darin liegenden Ansprüchen und Normen (also dem Umfeld) einer Person auf. Rollenverteilungen in verschiedenen Einrichtungen wie der Familie, bei Freunden oder in der Schule formen die Heranwachsenden dabei unterschiedlich. Definierte Normen und Ansprüche aus der Gesellschaft dienen als Orientierungsrahmen und eine Art „Mustervorlage“ für Heranwachsende. Solche von der Gesellschaft definierte und akzeptierte Vorstellungen, die als „typisch deutsch“ gelten, werden regelmäßig im sozialen Umfeld (entweder auf der Arbeit, bei Freunden oder in der Schule), aber auch in Medien thematisiert.

Dabei gibt es unterschiedliche Ausprägungen der kulturellen Identität.

Zum einen Migrant*innen, die sich bezüglich ihrer kulturellen Identität an die Kultur in Deutschland anpassen und gleichzeitig den kulturellen Hintergrund ihrer Herkunftskultur weiterhin wahren und leben. 

 Zum anderen Migrant*innen, die nach Deutschland gezogen sind und die Kultur übernehmen und dabei gleichzeitig die Kultur ihres Herkunftslandes mehr oder weniger aufgeben. Außerdem gibt es Migrant*innen, die nach Deutschland gezogen sind und sich weiterhin via Medien stark an ihrer Herkunftskultur orientieren. Diese „integrieren“ sich – z.B. auch sprachlich – nur minimal oder gar nicht in die neue Kultur in Deutschland. Dabei handelt es sich meist um ältere Personen, welche die meisten Jahre ihres Lebens im Herkunftsland verbracht haben oder wo der größte Teil der Familie noch dort ist. Viele von ihnen sind durch das Gastarbeiter*innen-Abkommen in den gleichen und gleich sprechenden Communities geblieben, weil ihnen aufgrund der Diskriminierung und Abweisung nichts anderes übrig blieb.

Daneben aber auch noch Migrant*innen, die nach Deutschland gezogen sind und weder die neue Kultur beziehungsweise die Normen, Verhaltensmuster und Wertevorstellungen Deutschlands noch die des Herkunftslandes „übernehmen“. Unter Umständen sind für sie die in den Massenmedien verbreiteten globalen kulturellen Inhalte Wertvorstellungen zentraler. [3]

Eine globale Kultur beschreibt eine Vielzahl unterschiedlichster Kulturen, die sich durch die zunehmende Vernetzung (unter anderem die Massenmedien) austauschen und vermischen können.



Nächster Artikel

Allgemein

Radikale Vielfalt – eine Kritik an der sogenannten “deutschen Leitkultur”

    Lust auf Lecker Newsletter?