Wie berichten Medien über Migration? Welche Muster gibt es? Und wie steht es um die Vielfalt in Redaktionen?
Hinter der Kamera
In Redaktionen in Deutschland sind Menschen mit Migrationshintergrund deutlich unterrepräsentiert. Es gibt aber nur wenige aktuelle Erhebungen zum Thema.
Gerade einmal sechs Prozent der Chefredakteur:innen haben eine Einwanderungsgeschichte – und die kommen alle aus Nachbarstaaten Deutschlands oder der EU. Das zeigt eine Befragung von Chefredakteur:innen der 126 reichweitenstärksten deutschen Medien aus dem Jahr 2020 (neuemedienmacher.de).
Vor der Kamera
Die Studie „Vielfalt und Sichtbarkeit“ (2021) der MaLisa Stiftung untersuchte, inwieweit Diversität im Fernsehen abgebildet wird:
Demnach stellen Menschen mit Migrationshintergrund lediglich elf Prozent aller Protagonist:innen im Fernsehen dar (im Vergleich zu ihrem Anteil in der Bevölkerung von über 26 Prozent).
Schwarze Menschen sowie People of Colour spielen nur fünf Prozent aller Hauptrollen in TV-Programmen. Im Vergleich zu ihrem geschätzten Bevölkerungsanteil von zehn Prozent sind sie damit unterrepräsentiert.
Diskriminierung
Mehr als drei Viertel der Befragten stimmten der Aussage zu, dass bestimmte Gruppen in Filmen klischeehaft dargestellt werden. Das gelte insbesondere für Menschen aus arabischen und asiatischen Ländern, Muslim:innen, Sinti:zze und Rom:nja, Schwarze Menschen und Menschen mit niedrigem sozialen Status.
Die Befragten sagten etwa, dass Menschen mit Einwanderungsgeschichte selten als Hauptfigur gecastet werden. Häufig bekämen sie Rollen als Freund:in oder Assistent:in der Hauptfigur (vielfaltimfilm.de). Diskriminierung zeigt sich auch in der Bezahlung und in den Rahmenbedingungen der Arbeit: Die Befragten nicht-weißen Personen sind seltener fest angestellt und verdienen insgesamt weniger als weiße Filmschaffende (ebd.).
„Der Islam“ und Muslim:innen in den Medien
Studien zeigen, dass die Berichterstattung über den Islam und Musliminnen oft stereotyp und negativ ist (Media Tenor). Wiederkehrende „Symbolbilder“ in Artikeln über islamische Themen und Muslim:innen seien vollverschleierte Frauen, bewaffnete Islamist:innen oder anonyme Menschenmassen in Mekka, schreiben die Medienwissenschaftler:innen Sabrina Schmidt und Kai Hafez. Insbesondere das Kopftuch werde zu veranschaulichenden Zwecken eingesetzt. Anstatt die Vielfältigkeit muslimischen Lebens abzubilden, wirke diese Bildsprache anonymisierend, homogenisierend und entmenschlichend (Bundeszentrale für politische Bildung).
Diese Ergebnisse heißen aber nicht, dass Medien pauschal islamfeindlich und vor allem nicht explizit negativ berichteten. Das Problem sei eher eine unterschwellige, wiederkehrende Themensetzung oder das Rückgreifen auf stereotype Islam-Bilder (Mediendienst Integration).
Warum?
Es gibt verschiedene Gründe für die geringe Vielfalt: In den Redaktionen fehlen oft konkrete Maßnahmen, um mehr Vielfalt durchzusetzen. Zudem stehen Journalist:innen mit Migrationsgeschichte vor vielen Hürden, sagen Fachleute. Oftmals müssten sie sich im Job noch mehr beweisen als Kolleg:innen ohne Einwanderungsgeschichte (neuemedienmacher.de).
Weitere Infos und Statistiken findet ihr auf der Website des Mediendienst Integration.