Katy Bähm aka Burak Bildik gehört zu einer der begehrtesten Drag Queens Deutschlands. Bekannt ist er unter anderem auch, durch TV Formate wie Queen of Drags und Promi Big Brother. Katy Bähm ist Burak Bildik, ein sympathischer, offener Mann, der in sehr jungen Jahren lernen musste, stark zu sein und für seine Persönlichkeit einzustehen. Wir haben Burak im Interview einige ganz persönliche Fragen stellen dürfen.
Wer ist Katy Bähm und welche Ideologie verkörpert sie?
Katy Bähm und Burak Bildik, das bin beides ich. Mir ist es sehr wichtig, dass man sich selbst treu bleibt und sein Leben so lebt wie man es möchte und nicht so, wie es andere von einem erwarten. Jeder Mensch hat das Recht sein Leben so zu gestalten wie er oder sie es möchte. Und das ist genau das, wofür ich unter anderem stehe. Gerade durch meinen kulturellen Hintergrund. Ich komme aus einer türkischen Familie mit muslimischem Glauben. Da gibt es so einiges, was von einem erwartet wird und vieles schnell als «falsch» abgestempelt wird. Es war nicht einfach für mich, mich abzugrenzen und das zu tun, was ich möchte. Heute weiss ich, dass ich das tun kann und stark genug bin, egal was für Reaktionen kommen. Ich mach einfach mein Ding.
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Was sind die grossen Unterschiede zwischen Burak und Katy?
Katy ist ein Teil von mir, aber sie ist schlussendlich eine Kunstfigur. Dennoch bin ich als Katy immer noch dieselbe Person, ich ändere da nicht meinen Charakter. Natürlich ist Katy etwas übertriebener, mit speziellen Bewegungen, sexy Blicken und Schmollmund Attitude. Das gehört zur Show dazu.
Wie hat das ganze angefangen, wann hast du dein Faible fürs Verkleiden entdeckt?
Das fing tatsächlich schon in meiner Kindheit an, Freunde haben mich dazu «gezwungen» mich zu Fasching als Lady Gaga zu verkleiden. Das kam dann so gut an, dass ich anfing, mich öfters zu Partys zu verkleiden und plötzlich kamen dann auch die ersten Anfragen für Auftritte. Es ging alles sehr schnell.
Wie haben dein Umfeld und deine Familie auf diese Verwandlungen reagiert?
Ich wusste selbst nicht, was da mit mir geschieht und natürlich habe ich es zuerst geheim gehalten. Ich fing an, mir selbst Fragen zu stellen: Will ich jetzt eine Frau sein? Fühle ich mich weiblich? Oder geht es mir nur um die Kunst? Ich hatte zu den Zeiten sehr viele Probleme: Schulstress, irgendwelche Ex-Freunde die mich genervt haben und vieles andere. Es war wie ein Fluchtort aus meiner realen Welt. Als Katy konnte ich mich ausdrücken, so wie ich wollte, ich musste mich nicht verstellen, verstecken oder rechtfertigen. Irgendwann hat es dann meine Mutter erfahren. Man muss dazu sagen, meine Mutter ist eher der natürliche Typ. Sie trägt noch nicht einmal Wimperntusche oder Nagellack. Man könnte behaupten, sie hasst Make up, sogar an meiner Schwester. Und dann kommt der Sohn daher und schminkt sich als Dragqueen! Wer wäre da nicht geschockt? Sie war total überfordert mit der Situation, hat aber bereits schon am Anfang versucht, es zu verstehen. Dafür bin ich ihr sehr dankbar. Sie hatte eher Probleme damit, was denn die anderen Familienmitglieder dazu sagen werden. Mein Papa hat es dann viel später erfahren. Zu ihm hatte ich zu dem Zeitpunkt sowieso keinen Draht mehr, denn bereits meine Homosexualität war für ihn ein Dorn im Auge und er hatte den Kontakt zu mir mehr oder weniger abgebrochen. Das heisst, wenn ich bei meinen Eltern zu Besuch war, hat er mich komplett ignoriert, sich weggesetzt und kein Wort mit mir gesprochen. Das hat mich sehr verletzt und ich musste das auch jahrelang verarbeiten, aber es hat mich auf der anderen Seite auch sehr gestärkt. Dadurch, dass ich innerhalb der Familie so viel negative Reaktionen erhalten habe, habe ich ein dickes Fell entwickelt. Ich wurde recht schnell bekannt und beliebt als Dragqueen, da gab es auch viele negative Reaktionen aus der Drag-Community, aber das hat mich dann einfach nicht mehr berührt.
Wie ist dein Verhältnis zu deinem Vater heute?
Seit Queen of Drags hat sich das stückweit verbessert. Andere Familienmitglieder fingen an, sich für mich einzusetzen, sie haben sich die Show angesehen und die Kunst dahinter verstanden. Sie haben gesehen, dass es viele gibt wie mich und dass es keine «Krankheit» ist. Auch meine Homosexualität wurde immer mehr akzeptiert, mein Freund wird mittlerweile auch zu Familienfeiern eingeladen. Die Akzeptanz hat sich dann auch ein klein wenig auf meinen Vater übertragen. Ich habe mal in einem Werbespot von BMW mitgewirkt, da war er dann sogar richtig stolz auf mich.
Auch eine sehr bekannte türkische Tageszeitung hat über mich berichtet und mich sogar mit sehr beliebten und bekannten Stars der Trans- und Dragqueens aus der Türkei verglichen. Das waren Momente, bei dem es bei ihm Klick gemacht hat. Er hat immer noch damit zu kämpfen, aber durch die Medien hat er stückweit gelernt, mich ein wenig so zu akzeptieren, wie ich bin. Meine Mutter hat mir erzählt, dass er, als Queen of Drags lief, keine Sendung verpasst und sogar mitgefiebert hat. Mir gegenüber zeigt er seine Gefühle leider nicht, aber allein das zu hören, freut mich sehr und erwärmt mein Herz. Es gibt mir Hoffnung, dass sich unser Verhältnis in der Zukunft noch mehr bessern wird.
Kennt dich deine Verwandtschaft und Familie in der Türkei auch als Katy?
Sie wissen darüber Bescheid und sehen es mehr als ein Job, mit dem ich mein Geld verdiene. Ich habe das Gefühl, dass sie es viel weniger verurteilen. Meiner Meinung nach funktioniert in grossen Städten wie in Istanbul «Leben und leben lassen» ganz gut, man wird nicht schräg angeschaut wenn man optisch aus der Reihe fällt. In Berlin Kreuzberg wird mir eher mal «Ey, du blöde Schwuchtel!» hinterhergerufen.
Du und dein Verlobter heiratet bald. Wirst du als Katy heiraten?
Nein, ich werde nicht als Katy heiraten. Mein Verlobter liebt mich als Burak, so hat er mich auch kennen gelernt. Und natürlich liebt er auch Katy, weil Katy ist ein Teil von mir. Und ganz ehrlich: weisst du wie anstrengend das ist, als Katy rumzulaufen, mit den hohen Schuhen und das ganze Zeugs im Gesicht?! Das will ich mir an meinem Hochzeitstag nicht antun. Aber ich habe mir da natürlich auch was für meine Fans einfallen lassen, wir werden zumindest ein Shooting in Drag machen. Für dieses Shooting habe ich auch schon mein Hochzeitskleid, ich darf jetzt nur nicht mehr zunehmen!
Magst du den renk. LeserInnen noch etwas spezielles mitteilen?
Generell ist es mir sehr wichtig, ein wenig für Aufklärung zu sorgen: Ich will zeigen, dass ein Homosexueller mit der Vorliebe, sich als Dragqueen zu präsentieren eben auch ein ganz normaler Mensch ist wie jeder andere. Es gibt viele junge Leute da draussen, die ihre Gefühle und Neigungen verstecken, weil sie Angst haben. Angst, verurteilt und abgewiesen zu werden. Das ist auf lange Sicht sehr ungesund und man schadet sich selbst damit. Da ist vor allem der Rückhalt aus der eigenen Familie enorm wichtig. Deswegen habe ich eine Message an alle Eltern da draussen:
Eure Kinder sind eure Kinder, liebst sie einfach so, wie sie sind!
Ihr habt sie auf die Welt gebracht und es ist eure Pflicht, sie so zu lieben wie sie sind ist und sie in allen Lebenslagen zu unterstützen. Denn sie lieben euch auch so, wie ihr seid. Mit all euren Ecken und Kanten. Zeigt eure Liebe und akzeptiert es bitte, wenn euer Kind sich dazu entscheidet, einfach ein bisschen «anders» zu sein.
Credits:
Autorin: Esra Yiğit