Als wir uns mit Ufo 361 im Café „La Femme“ treffen, kommt er gerade vom Video-Shoot zu seinem Album „Ich bin ein Berliner“, dessen gleichnamige Single nicht nur in der Musikszene extrem die Runde macht. Läuft bei ihm.
Ob man seinen Gangster Rap mag oder nicht, er hat anfangs alles selbst finanziert und an den Start gebracht. Ein echter Vertreter der neuen Youtube-Generation von Musikern. Es scheint, als wüsste er seinen Erfolg so umso mehr zu schätzen. In seinem Video sieht es zwar aus als hate er ganz schön gegen Neu-Berliner, Hipster und Spießer, aber uns verrät er, dass er auch Positives in der Entwicklung Kreuzbergs erkennt.
Du sagst, du kommst gerade von einem Video-Shooting. Viele Leute fragen sich bestimmt, wie eigentlich ein typischer Tag bei dir aussieht.
Ich bin oft in Kreuzberg unterwegs oder besuche im Studio am Moritzplatz meine Jungs aus früheren Zeiten. Hauptsächlich arbeite ich im Studio oder bin dabei neue Videos zu drehen und Interviews zu geben. Alles dreht sich rund um die Musik. Ich bin auch gerne am Kotti und versuche die Jungs, die den ganzen Tag dort herumhängen, in das Musikmachen einzubinden.
Hört man deine Songs, teilt sich automatisch deine Verbundenheit zu Berlin mit, schließlich steht 361 auch für Kreuzberg. Wie lange hast du in Kreuzberg gewohnt und wie hat sich der Bezirk deiner Meinung nach entwickelt?
Ich lebte dort bis ich zwölf war und dann zwischendurch nochmal bei meinem Baba. Doch selbst als wir schon in Charlottenburg gewohnt haben, bin ich jeden Tag nach Kreuzberg gefahren.
Teile Kreuzbergs haben sich durch die ganze Gentrifizierungs-Geschichte natürlich stark verändert. Ich kann aber damit umgehen.Vielleicht liegt es auch daran, dass ich da nicht mehr wohne. (lacht)
Wenn ich sage „Ich bin ein Berliner“ meine ich nicht: Ich bin einer und du nicht! Mir geht es um etwas anderes. Ich sage das, um meine Stadt zu repräsentieren. Und das habe ich auch gemacht. Von Grafitti bis Hip Hop und der ganze Kram. Deswegen ist Kreuzberg jetzt Kreuzberg. Es kommt immer auf die Einstellung der Leute an. Aber die meisten sind so: „Digga, da sind zwei Typen im Anzug auf’m Fahrrad am Görlitzer Bahnhof. Und das soll ein Ghetto sein?!“
Ich denke, es gibt auch positive Entwicklungen. Kreuzberg ist zum Beispiel viel friedlicher geworden. Jetzt würde ich mein Kind dort auch aufziehen. Dann lernt es Englisch von seinem Nachbarn, hängt nicht perspektivlos auf den Straßen ´rum und landet vielleicht nicht im Knast. (lacht)
Was bedeutet Erfolg für dich?
Erfolg zu messen ist gar nicht so einfach. Im Grunde heißt Erfolg für mich, dass ich mein Ding durchziehen kann. „Ich bin ein Berliner“ hat jetzt über eine Million Klicks auf YouTube. Als dann das Album dreißigtausend Klicks erreichte, war ich überglücklich. Ich habe ja alles aus eigener Tasche finanziert, ohne ein Label oder Management. Wenn das auch noch bei den Leuten gut ankommt, ist das die Krönung. Es ist eigentlich alles so, wie ich es mir gewünscht hatte. Ich habe eine enorme Reichweite und es ist einfach zu geil, dass der Song jetzt in so vielen Clubs läuft. DJs schreiben mich an, weil sie den Song haben wollen. Die haben sich den einfach auf YouTube heruntergeladen und in ihr Set eingebaut. (lacht)
Ich chill an einem Freitagabend zu Hause, rauche einen Joint, spiele Playstation und mein Track läuft währenddessen in mehreren Clubs rauf und runter. Was besseres gibt’s doch nicht!
Auf deinem Mixtape finden sich auch Hip Hop Größen wie zum Beispiel Sido oder Bass Sultan Hengst. Was steht in der Zukunft an?
In erster Linie ist geplant, dass Ufo 361 zu einer Marke wird, keine Frage. Das soll jetzt richtig offiziell werden, also ab in die Charts, auf Tour gehen und all diese Sachen. Langfristig gesehen hätte ich Bock ein Label zu gründen. Ich kenn da ein paar jüngere Leute aus Kreuzberg, die echt gut rappen. Nur fehlt mir gerade die Kraft und Zeit dafür, mit ihnen ins Studio zu gehen, wenn ich selbst Abgabetermine und Deadlines für den nächsten Release einzuhalten habe. Du kannst Leute nur mitziehen, wenn du schon was gerissen hast. Mit Leuten zusammen nach oben zu gehen ist immer schwer, vor allem wenn jeder seinen Kopf hat. Das war bei Hoodrich das Problem. Wir hatten kein festes Management und manche Leute sind einfach in verschiedene Richtungen gegangen. Alleine gehst du straight deinen Weg und fertig.
Zu der ersten Single „Ich bin ein Berliner“ haben wir einen Remix gemacht wie es im Ami-Land so üblich ist. Wenn dort jemand einen Hit landet, machen die einen Megamix draus und holen sich ein paar gute Leute dazu, die den Song supporten. Wir haben ein geiles Video mit Sido, George Boateng also BTNG, dem ältesten der Boateng Brüder und Crackaveli gedreht. Das sind alles Berliner Legenden, die schon ewig dabei sind. Die haben Mucke gemacht, da war ich noch 15. Jetzt sind die auf meinem Song zu hören, das ist schon krass..!
Auffallend ist der Trap-Lastige Sound auf deinem Album, den nur wenige deutsche Rapper bisher gut klingen lassen konnten. (A.d.R.: Ein Hip Hop-Genre, das geprägt ist von Electronic Dance Music) Wie sind der Sound und das Mixtape entstanden?
Ich dachte eines Tages, ich müsste mal was neues ausprobieren. Ein bestimmter Sound musste her, so dass ich nur mit zwei oder drei Produzenten arbeiten muss. „Scottie Pippen“ ist zum Beispiel ein Beat von 2012. „Ich bin ein Berliner“ war ein Beat auf Soundcloud. Dann kam ich ins Spiel, denn ich versuche Hits aus diesen fetten Beats zu machen.
Manchmal bieten mir Leute sogar ihre Trap-Beats an und fragen, ob ich sie gebrauchen könnte. Aber nur wenige haben es drauf wie Broke Boyz oder Jimmy Torrio. Viele unterschätzen das. Jimmy Torrio ist ein junger Typ aus Hamburg, der „Harman” gemacht hat. Mit dem hab ich jetzt acht neue Songs aufgenommen. Der Typ ist einfach krass und schickt mir jede Woche ein Paket.
Warum erwähnst du in dem Track eigentlich statt Michael Jordan den Basketballspieler Scottie Pippen?
Auf dem Album “What a Time to be alive“ von Future ist ein Song, der „Jumpman“ heißt, auf den ich voll abfahre. Aber ich wollte irgendwie nicht noch einen Song machen, der Michael Jordan preist. Also dachte ich an jemanden, der in Jordans Schatten stand und kam auf Scottie, der Micheal immer die Pässe zuspielte.
Ich dachte sogar daran, einfach einen Song über eine Marke zu machen wie z.B. Versace. Sowas geht nur im Trap. So ignorant! Genauso hab ich das bei „Scottie Pippen“ gemacht. Zack! Reime überlegt, nicht so viel denken, einfach auf die Fresse!
Ich denke, wir sind unseren Fans gar nicht so unähnlich. Selbst 40-jährige Hip Hopper, so Oldschooler, kommen auf mich zu und sagen: „Ey dieser Scottie – Was für ’ne geile Nummer!“
Fotos: Ferhat Topal
Autor: Tommy Schuster