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Musik & Tanz

Songs, Samples und Credits

Im Gespräch mit Nooriyah Qais

Wenn Musiker*innen sampeln, scheiden sich oftmals die Geister. Für die einen ist es eine Bereicherung, für die anderen dreister Diebstahl von geistigem Eigentum. Besonders westliche R’n’B-Stars, Hip Hopper*innen und Produzent*innen bedienen sich für ihre Musik an nordafrikanischen sowie vorderasiatischen Klängen und Rhythmen. Nooriyah Qais ist eine DJ aus London und hat es sich zur Aufgabe gemacht, den globalen Einfluss arabischer Musik sichtbar zu machen.

 

 

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Was ist Sampling?

Ob Beyoncé, Jay-Z oder Aaliyah – sie tun es alle: Viele ihrer Samples stammen aus der klassischen nordafrikanischen und vorderasiatischen Musik. Das Wort Sampling bezeichnet in der Musik den Vorgang, einen Ausschnitt aus einem bereits bestehenden Musikstück in ein neues Lied einzubauen. Es übernimmt also Fragmente aus fremden Songs. In der Musikbranche ist Sampling eine beliebte Methode, um neue Beats zu kreieren. Doch nur die wenigsten Musiker*innen zahlen etwas für die Nutzung der Samples. Auch die Musikkultur, die sich hinter dem ursprünglichen Stück verbirgt, wird damit in den allermeisten Fällen nicht wertgeschätzt.

Das Akronym MENA steht für „Middle East and North Africa“, also Nahost und Nordafrika.

Foto: https://www.instagram.com/nooriyah._/

Nooriyah Qais möchte die Urheber*innen von gesampelten Musikstücken ins Licht stellen und sie auf diese Weise rückwirkend würdigen. „Ich bin dafür bekannt, beliebte Platten mit Klängen aus dem Nahen Osten und Nordafrika zu spielen, die meinem Erbe huldigen“, erklärt sie. Neben ihrer Tätigkeit als DJ ist sie Filmemacherin und als Radiomoderatorin die MENA-Musikspezialistin bei Plus 1 Radio in London. Das Akronym MENA steht für „Middle East and North Africa“, also Nahost und Nordafrika. Nooriyah Qais ist selbst in Saudi-Arabien aufgewachsen, wo MENA-Musik im Radio rauf und runter gespielt wird. Seit ihrer Kindheit war sie daher vertraut mit der arabischen Musik. Auf ihrem Instagram-Profil stellt sie unter anderem arabische Künstler*innen mit westlichen Musiker*innen in Videos gegenüber.

„Ich liebe die Musik der Region – die Trommelmuster, die Skalen und die Mikrotöne. Sie sind wie eine Umarmung für mein Ohr. Es ist außerdem die Musik, die meine Mutter immer summte.“

MENA-Samples in europäischer und US-amerikanischer Musik

Foto: https://www.instagram.com/nooriyah._/

Die Liste der MENA-Samples in der europäischen und US-amerikanischen Musik ist lang: So ist der Song Big Pimpin von Jay-Z aus dem Jahr 2000 ursprünglich von einem ägyptischen Sänger und Schauspieler namens Abdel Halim Hafez. Sein Stück heißt Khosara Khosara. Auch die Produzenten der mittlerweile verstorbenen R’n’B-Sängerin Aaliyah, Static Major und Timbaland, haben sich von der Musik aus der MENA-Region bedient. Sie eigneten sich Samples aus dem 1993 erschienenen Song Alouli Ansa der syrischen Sängerin Mayada El Hennawy an. Weder der Name der syrischen Künstlerin noch ihre Songwriter erschienen im Abspann des Songs More Than A Woman von Aaliyah. Gleiches geschieht in ihrem weiteren Hit I Dont Know What To Tell Ya. Das Original Batwanes Beek aus dem Jahr 1992 stammt von der algerischen Sängerin Warda Al-Jazairia. Im amerikanischen Rap wird der Song Ince Bir Kar Yağar (1976) von der türkischen Sängerin Selda Bağcan von Yasiin Bey, besser bekannt als Mos Def, gesampelt. Vorwürfen zufolge soll sich ebenso die Oscar-Gewinnerin Adele in ihrem Song Million Years Ago an einem Werk des kurdischen Musikers Ahmet Kaya bedient haben. Dessen Lied Acılara Tutunmak weist tatsächlich verdächtige Ähnlichkeiten auf. Im Fall von The Weekend, der für seinen Song Often ein Musikstück der türkischen Sängerin Nükhet Duru sampelte, wurde diese wiederum bezahlt. Letztendlich wurde es ein Superhit, der es in den offiziellen Soundtrack des Films Fifty Shades of Grey schaffte. Anders als in Deutschland gibt es in der arabischen Welt keine eindeutig einheitlich strukturierte Plattenindustrie. Die Gesetzeslage zum Schutz der Urheber*innen wurde in den Vereinigten Arabischen Emiraten erst Anfang der 90er Jahre aufgestellt. In der Regel ist die Musik im Nahen Osten daher kostenfrei und für die Allgemeinheit frei zugänglich. Zum Vergleich: In Deutschland verwaltet seit 1933 die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) die Nutzungsrechte aus dem Urheberrecht.

 

 

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„Ich glaube, dass keine Kunst, Kreativität oder Innovation in einem Vakuum entstehen kann.“

Credits für die Künstler*innen

Foto: https://www.instagram.com/nooriyah._/

Laut Nooriyah Qais spielt das Samplen in der Musikindustrie eine große Rolle. Ihr ist es deswegen umso wichtiger, in ihren Videos auch auf die Quellen aufmerksam zu machen, um den Künstler*innen Wertschätzung zu vermitteln und Wissen über sie zu verbreiten. Die Originalstücke seien schließlich ebenso wie viele andere MENA-Klassiker geschickt komponiert. „Ich wollte meine Nostalgie aus der Kindheit mit anderen teilen und denen zeigen, die es nicht wussten, welch großen Einfluss diese Region auf die westliche Mainstream-Musik hat. Der Einfluss geht über das Sampling hinaus und ist in Form von Mikrotönen und arabischen Skalen sehr präsent. Diese werden von einigen der größten Hitmacher verwendet, wie Timbaland und Scott Storch, um nur einige zu nennen. All das bespreche ich ebenfalls in der Radiosendung.“ Besonderen Wert legt sie darauf, die Geschichte der Samples zu berücksichtigen – also die Zeit, in der die Platte eines Originalstücks entstanden ist. Im Fall von Big Pimpin wurde Timbaland beispielsweise wegen Urheberrechtsstreitigkeiten verklagt. Allerdings ohne Erfolg. Timbaland ist bekannt dafür, west- und südasiatische Klänge in seinen Beats zu verwenden. „Ob es nun Timbaland oder ein anderer großer Produzent ist, ich glaube, dass alle Samples geklärt und gutgeschrieben werden sollten. Ich habe die Videos hauptsächlich gemacht, weil es mir wichtig ist, die unglaubliche Vielfalt und Schönheit der MENA-Musik zu zeigen. Die Menschen aus der MENA-Region werden seit Jahrzehnten in den Medien stark kritisiert, stereotypisiert und falsch dargestellt. Ich wollte unsere unglaublichen Beiträge zur Musik und unsere Liebe und Leidenschaft für die Kunst und Kultur für diejenigen hervorheben, die sich dessen nicht bewusst sind“, erklärt Nooriyah Qais.

 

 

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Text: Özge Kabukcu
Fotos: u.a. Stephanie Claire

Lektorat: Deniz Lara Zimmermann

 

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