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Kunst & Design

Sema Gedik – die Vermessung der Modewelt

Models – groß, schlank, makellos. Mode – es scheint, als wäre sie meistens nur für Models gemacht. Das bedeutet jedoch nicht, dass jene, die keine Modelmaße haben, nicht die Möglichkeit hätten, Kleidung zu kaufen. Zwischen den Größen XS und XXL ist in den bekannten Bekleidungsgeschäften Deutschlands für jeden etwas dabei. Kinder, Schwangere und Übergewichtige, sogar Rollstuhlfahrer werden mitberücksichtigt. Für kleinwüchsige Menschen blieb das Angebot jedoch auf der Strecke – bisher. Denn die junge Berliner Modemacherin Sema Gedik hat sich für sie etwas einfallen lassen und das Modelabel Auf Augenhöhe gegründet.

Process Shooting

Wenn Kleinwüchsige Kleidung in ’normalen‘ Größe tragen, stimmt da etwas einfach nicht. (Foto: Laura Knoops)

In Deutschland leben rund 100 000 kleinwüchsige Menschen. Sie müssen sich meistens mit Kleidung für Erwachsene oder Kinderkleidung zufrieden geben. Jedoch sehnen sich viele von ihnen auch nach normaler Kleidung für den Alltag, oder wollen sich auch mal für besondere Anlässe schick machen können; einen Blazer, einen Anzug oder ein schönes Kleid tragen. Noch bis vor kurzem gab es für Kleinwüchsige keine Alternative zur Kinderabteilung oder zur teuren Maßschneiderei. Nun hat Jungdesignerin Sema Gedik das Label Auf Augenhöhe gegründet und bietet kleinwüchsigen Menschen wortwörtlich einen Gegenentwurf.

Sema Gediks Cousine Funda, die in der Türkei lebt, ist selbst kleinwüchsig. Von ihr kennt Sema die schwierige Situation, in der sich kleinwüchsige Menschen befinden. Sema wurde schon von klein auf für dieses Thema sensibilisiert. Allerdings realisierte sie die Probleme ihrer Cousine erst so richtig während eines Türkeiurlaubes mit ihr: „Dass kleinwüchsige Menschen nicht einfach nur kleiner sind, sondern dass ihre Körperproportionen anders ausfallen als bei Kindern, war mir anfangs nicht klar“, erzählt Sema. Nach langen Gesprächen mit ihrer Cousine und intensiver Recherche, wurde ihr bewusst, was es heißt, kleinwüchsig zu sein und als erwachsener Mensch Kleidungsstücke, die eigentlich für Kinder gemacht wurden, zu tragen. So entschied sich Sema, das Bedürfnis ihrer Cousine und vieler anderer kleinwüchsiger Menschen nach passender Kleidung zu stillen. Als sie 2013 mit einer Freundin über die Idee für ihre Abschlussarbeit zum Thema Kleidung für Kleinwüchsige sprach, kam sie auch schon bald auf den Namen ihres Labels.

Process Shooting

Mit ihren Prozessbildern macht die Designerin auf die Unterschiede aufmerksam. (Foto: Laura Knoops)

Doch eine Kollektion zusammenzustellen, war keine einfache Arbeit. Sema wollte dem Problem ihrer Cousine angemessen begegnen und setzte sich jenseits der Modemacherei intensiv mit dem Thema auseinander. „Im März 2013 wurde ich dann das erste Mal zum Stammtisch vom BKMF (Bundesverband Kleinwüchsige Menschen und ihre Familien e.V. – Anm. d. Red.) eingeladen und wir standen sobald im regen Austausch miteinander“. Gerüstet mit den Eindrücken und Empfehlungen des Bundesverbandes, machte sie sich dann an die Arbeit. Zunächst musste sich die Designerin auf ganz neue Körpermaße einstellen, denn bisher hatte sie nur mit schlanken und langen Models gearbeitet. „Das war wirklich das Schwierigste“, sagt Sema über die Zeit im Promotionsvideo ihres Labels. Mehrmals mussten die Kleidungsstücke überarbeitet werden, bis sie endlich perfekt passten. Stundenlang hat sie daraufhin gearbeitet und das Fitting der Models dauerte fünfmal länger als ein gewöhnliches. Sema gab nicht auf und arbeitete an den Stücken bis auch das letzte Detail saß. Heraus kam eine Kollektion, die sich sehen lassen konnte: Die 25-jährige Jungdesignerin stellte ihre Mode gleich auf der Fashion Week 2015 in Berlin vor.

Fashion Week

Die Models werden für die Fashion Week vorbereitet (Foto: Valerie Diedenhofen).

Fashion Week

Bei der Auseinandersetzung mit dem Thema lernte sie viele neue Menschen kennen, sie wurden zu Freunden von Semra. Später standen sie Modell und liefen über den Laufsteg (Foto: Valerie Diedenhofen).

Doch das ist der Designerin nicht genug. Demnächst möchte sie eine internationale Konfektionsgröße für Kleinwüchsige entwickeln: „Hierfür möchte ich noch weitere Länder bereisen, um kleinwüchsige Menschen zu vermessen, damit die Maßtabelle optimal abgestimmt ist“, erzählt sie. Im nächsten Semester möchte Sema zunächst nach Chile gehen, um weiter an der Vermessung ihrer Konfektionsgrößen zu arbeiten.

Modelle

Gedik entwickelte sogar ihre eigenen Modelle. (Foto: privat)

Mit ihrem Label geht es Sema nicht nur um Mode; sie möchte auch auf gesellschaftlicher Ebene etwas bewegen: Gleichberechtigung, Vielfalt in der Gesellschaft und um den Zugang zur Kleidung für jeden sind Themen, die sie in ihrer Arbeit beschäftigen. Dafür will sich die Jungdesignerin in der Modewelt weiter einsetzen. 2013 gründete sie mit einer Gruppe von acht Jungdesignern aus Berlin das Kollektiv ONIK, das darauf abzielt, neue Akzente in der Modewelt zu setzen, um auf Themen jenseits der Norm aufmerksam zu machen. Der Einsatz von Sema und ihren Kollegen zeigt, dass es auch in der Modewelt, die scheinbar ohne politische und gesellschaftliche Forderungen funktioniert, Strömungen gibt, die den Geist der Zeit verändern wollen.

Credits
Text: Gözde Böcü
Fotos: Sema Gedik (privat) & Laura Knoops & Valerie Diedenhofen

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