3213 Euro – dieses Einkommen darf eine Familie mit drei Kindern nicht unterschreiten, um nicht als arm zu gelten. Doch Hand aufs Herz – in wie vielen Familien wird dieses Einkommen überhaupt erreicht? Was für eine deutsche Familie ggf. schon schwierig zu erreichen ist, wird für eine Familie mit Migrationshintergrund zur Utopie. Aber welche Folgen hat ein von Armut bedrohtes Leben auf die psychische Gesundheit, insbesondere in migrantischen Familien? Welche Erfahrungen werden gemacht und welche Gefühle kommen auf?
Mangelnde finanzielle Möglichkeiten limitieren vor allem die Teilnahme an Veranstaltungen, z.B.Klassenfahrten, oder gemeinsame Erfahrungen mit den Mitschüler:innen Oftmals kann man dann die Schlüsselerfahrungen mit der Peer-Group nicht machen. Zwar gibt es seitens des Sozialstaates einige Angebote, dies dennoch zu ermöglichen, doch sind mangelnde Informationsmöglichkeiten und Sprachkenntnisse häufig Barrieren in der Anforderung. Armut zeigte sich jedoch auch in anderen Bereichen: Kleidung wurde “second-hand” erworben, das Wochenende zu Hause verbracht und gesundes Essen kommt selten auf den Tisch.
Doch stützt die Wissenschaft die vorherigen Berichte? Etliche Studien und Forschungsarbeiten, die sich mit den Themenfeldern der Armut, Migration und Psyche beschäftigt haben, decken die Erfahrungen:
Während materielle Dinge in der Regel Gefühle des Ausgeschlossenseins hervorrufen können – man fühlt sich nicht zugehörig, vielleicht auch ausgegrenzt – sind Ernährungsunterschiede hingegen auch mit quantifizierbaren Ergebnissen verbunden: Menschen mit geringem Einkommen leben weniger lang und leiden an mehr Erkrankungen.
Der Migrationsprozess und das Aufwachsen in einem neuen Land bringen selbst psychische Belastungen mit sich. Der Verlust von Heimat, die Trennung von Familie und sozialen Bindungen sowie die Anpassung an eine neue Kultur und Umgebung können zu erhöhtem Stress, Angstzuständen und Depressionen führen. Migranten, die in prekären finanziellen Verhältnissen leben, stehen vor zusätzlichen Herausforderungen. Die Unsicherheit über die Zukunft, finanzielle Belastungen und soziale Isolation können das Risiko für psychische Erkrankungen weiter erhöhen.
Armut gepaart mit Migration sind Faktoren, die das Risiko für psychische Störungen wie Angststörungen, Depressionen und posttraumatische Belastungsstörungen erhöhen können. Speziell Geflüchtete und Asylsuchende sind aufgrund der traumatischen Erfahrungen, die sie während der Flucht gemacht haben, sowie der Unsicherheit und dem Stress, die mit dem Asylprozess verbunden sind, stärker von mentalen Problemen betroffen.
Dass auch hier in Deutschland aufgewachsene Menschen folglich durch Armut und Fremdenfeindlichkeit ggf. ähnliche Erfahrungen machen müssen, ist damit nur folgerichtig.
Zum Glück nicht: Die Felder Migration, Psyche, Armut sind große Themenkomplexe mit verschiedensten Determinanten, die noch nicht alle hinreichend erforscht sind.
Armut führt nicht automatisch zu schlechter Gesundheit. Es gibt auch Menschen in prekären finanziellen Situationen, die trotzdem eine gute Gesundheit aufrechterhalten können. Gleichzeitig weisen auch Menschen mit finanzieller Armut starke psychische Resilienz auf und insbesondere Eltern, die bspw. aus dem Ausland geflohen sind und nun ihre Kinder in Deutschland erziehen, zeigen doch, wie viel Kraft, Stärke und Mut in ihnen vorhanden ist.
Text: Ahmet Bekisoğlu
Quellen: