Immer öfter schaue ich in verdutzte, frisch gepeelte Gesichter, die nach einem Istanbul Besuch feststellen: „Istanbul ist ja voll cool.“ Vielleicht ist das nett gemeint. Vielleicht … Denn wenn man zwischen den Zeilen liest, sagt dieser Satz mehr aus, als man mit bloßem Ohr erhören kann.
Hier ein Blick zwischen die Zeilen:
„Mich hat es total überrascht, dass Istanbul eine so tolle Stadt ist, weil die meisten Türken hier in Deutschland eher assig sind.
Wenn man die Shisha-Lounges und Ergoliner Jungs in Jack-&-Jones-Jacken sieht, kann man sich gar nicht vorstellen, dass die Türken in Istanbul modern und hip sind. Die trinken Moscow Mule und lassen sich geometrische Muster auf Unterarme tätowieren. Das ist doch irre!“
Irre ist für mich, was so alles eine Stadt modern und kosmopolitisch machen kann:
elektronische Beats, exklusiver Alk, teure Labels und patinierte Messinglampen.
Fortschritt ist demzufolge etwas, das man sich kaufen kann. Und Modernität etwas, das wir uns von Instagram-Accounts kopieren und in unser Leben einsetzen, ohne zu wissen, ob wir es wirklich mögen.
Ein Ort wie Wanne-Eickel kann in kürzester Zeit zu einem Hotspot ernannt werden, wenn Social-Media-Persönlichkeiten wie Bibbi, Kimi und Gigi sich mit einem Detox-Salad im Café fotografieren lassen und es 515.922 Mal gefällt.
Vielleicht sollten wir unsere Auffassung von Coolness überdenken. Wir, die angeblich nicht aufs Geld schauen und mehr Kultur- als Kult-interessiert sind, tappen immer wieder in die Falle und lassen uns von auf Tafelwänden geschriebenen Daily Specials den Blick verschleiern.