Das vom Zerfall bedrohte osmanische Reich verfolgte unter den Jungtürken die Ideologie des Turkismus – das multi-ethnische und -religiöse Osmanische Reich sollte rein türkisch und muslimisch werden. Die im Staatsgebiet lebenden christlichen Minderheiten wurden allesamt zur Zielscheibe dieser Ideologie. Unter dem Vorwand einer armenischen Revolution wurden in der Nacht zum 25.04.1915 Mitglieder der armenischen Elite in Istanbul festgenommen. In den darauffolgenden Wochen kam es zu weiteren Festnahmen armenischer Intellektueller in anderen Städten. Sie wurden verhört, gefoltert und getötet. Ende Mai startete die systematische Vertreibung der Armenier*innen. Zu Fuß und auf Viehwagen wurden sie in die syrische Wüste deportiert, um dort in Lagern an Hunger, Durst und Krankheiten dem Tod überlassen zu werden. Schätzungsweise 500.000 Armenier*innen kamen auf dem Weg in die Lager um. Im Juli 1916 wurde die Schließung der Lager angeordnet. Die 100.000-200.000 Überlebenden wurden allesamt massakriert. Etwa 1,5 Millionen Armenier*innen fielen diesem schrecklichem Genozid zum Opfer.
Das Deutsche Kaiserreich als Mittäter
,,Das Deutsche Kaiserreich und das Osmanische Reich waren enge Verbündete. Militärisch und wirtschaftlich war das Bündnis für Deutschland vorteilhaft. Das Deutsche Reich entsandte eine stetig wachsende Zahl an Militärberatern ins Osmanische Reich, welche ab 1913 auch aktive Posten im osmanischen Heer übernahmen. […]’’
Im Bilde über die Verbrechen der jungtürkischen Regierung war die Reichsleitung spätestens mit dem Bericht des damaligen Botschafters in Konstantinopel, Hans Freiherr von Wangenheim im Juli 1915 an Reichskanzler Bethmann Hollweg, der schrieb: „Die Umstände und die Art, wie die Umsiedlung durchgeführt wird [zeigten], dass die Regierung tatsächlich den Zweck verfolgt, die armenische Rasse im türkischen Reiche zu vernichten“. Folglich kann rückblickend davon ausgegangen werden, dass die deutsche Reichsleitung ab Juli 1915 von den Verbrechen an den Armenier*innen wusste.’’
Aufarbeitung
Erst 2016 erkannte der Deutsche Bundestag den Genozid als solchen an und bekannte sich zur Mittäterschaft des Deutschen Kaiserreichs.
Die Türkei lehnt es bis dato ab, dass die Massaker zwischen 1913-1918 als Genozid bezeichnet werden. Gedenkveranstaltungen von Armenier*innen werden regelmäßig auch in Deutschland von nationalistischen Genozidleuger*innen türkischer Herkunft gestört. In Köln zum Beispiel fordern Vereine unter Ditib und Atib regelmäßig den Abbriss eines Mahnmals für den Völkermord an den Armenier*innen. Weiterhin bleibt die Aufarbeitung und Anerkennung des Genozids an den Armenier*innen eine dringende Notwendigkeit. Es ist wichtig, dass die internationale Gemeinschaft weiterhin Druck auf die Türkei ausübt, um eine offene und ehrliche Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit zu fördern. Dies schließt die Anerkennung des Genozids an den Armenier*innen sowie die Entschädigung der Überlebenden und ihrer Nachkommen mit ein.
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