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Gesellschaft & Geschichten

Frauenhass im Netz

ein Kommentar zur neuen Doku "Johnny Depp vs. Amber Heard"

Am 16. August startete die neue Netflix-Doku “Johnny Depp gegen Amber Heard”, die den Gerichtsprozess zwischen den beiden Ex-Partner*innen beleuchten soll.

Zur Erinnerung: Amber Heard beschuldigte Johnny Depp der häuslichen und sexualisierten Gewalt, er sie im Gegenzug der “Diffamierung”, also des Rufmords und der Verleumdung.

Der öffentlich begleitete Gerichtsprozess zog starken Hass auf Amber Heard im Netz nach sich, der sich durch herablassende Kommentare, Memes und frauenfeindliche Videokommentator*innen manifestierte.

Anlässlich des wieder aufgebrachten Diskurses um den Prozess der beiden Schauspieler*innen haben wir für euch Gründe gesammelt, warum es immer wieder passiert, dass Diskurse im Netz in Frauenfeindlichkeit und Victim Blaming umschlagen.

1. Fandom

Der wohl offensichtlichste Grund, warum so viele Menschen sich – oft unreflektiert und voreingenommen- auf die Seite von Johnny Depp, Rammstein und Co. stellen ist der Idol-Charakter dieser berühmten Männer und die uneingeschränkte Fanliebe zu ihnen.

2. “Rebellentum”

Sowohl Johnny Depp als auch Rammstein sind Charaktere, die sich schon immer als “Rebellen”, als “anders” inszenieren. Als Rocker, mit provokativen Texten oder wie auch immer. Obwohl gerade dieses Image ja einher geht mit unkontrolliertem Alkohol- und Drogenkonsum, rückständigen Frauenbildern und “Ich kann jede haben”-Einstellungen wird es von Fans als Identifikationsgrundlage interpretiert. Veronika Kracher, die zu Internet-Phänomen wie Frauenhass im Netz forscht und das Buch “Incels. Geschichte, ­Sprache und Ideologie eines Online-Kults” geschrieben hat, schreibt auf Twitter:

3. Hype

Dass sich der Hass gegen Amber Heard so massiv ausbreiten konnte, lag auch daran, dass sich aufgrund der Schnelllebigkeit des Internets in rasender Geschwindigkeit ein Hype um ihre vermeintliche Lügen und die “Hassbarkeit” ihrer ganzen Person entwickeln konnte.

“Im Kapitalismus und innerhalb der Memekultur werden Ansprüche an Menschlichkeit und Solidarität über Bord geworfen, um die Klickmaschine zu füttern und Voyeurismus zu bedienen.”

4. Anonymität

Menschen, die im Internet Victim Blaming betreiben und Hassnachrichten verbreiten sind zwar in gewisser Weise Mittäter*innen (da sie den Täter schützen), bleiben aber hinter ihrer Anonymität geschützt. Einer der Online-Kommentatoren des Prozesses 2018 trägt eine Deadpool-Maske, während er Heard aufs Übelste durch den Dreck zieht.

Die Anonymität funktioniert aber auch andersherum. Heard ist für Nutzer*innen nur ein Meme im Internet, ein zusammengeschnittenes Video und nie ein echter Mensch. “Die Memefizierung des Prozesses hat außerdem den Nebeneffekt, Heard weniger als Mensch wahrzunehmen, sondern als bloße Projektionsfläche zu missbrauchen.”

5. Fehlinformationen

Während des Prozesses 2018 kursierten viele Fehlinformationen, wie z.B., dass Amber Heard auf Johnny Depps Bett gekackt habe. Klar ist: Es gibt keine uns bekannte Wahrheit, in Bezug auf den poop, aber auch in Bezug auf die “Wahrheit” im gesamten Prozess. Menschen, die sich jedoch weiter an Fehlinformationen klammern und diese verbreiten, sind vorsätzlich sexistische Mittäter*innen.

“Inzwischen ist Solidarität mit Johnny Depp bewusste Ignoranz; (…) man kann nicht mehr sagen, dass man es nicht weiß – das Wissen ist nur einen Klick entfernt.”

6. Misogynie

Insgesamt ist der Hauptgrund für die Entwicklung von Frauenhass im Netz natürlich: Frauenhass in der Gesellschaft. Patriarchiale Strukturen und Schuldzuweisungen an Frauen finden sich auch in diesem konkreten Fall. Heard wird nie als Schauspielerin, sondern immer als “Ex-Wife” von Johnny Depp vorgestellt, ihr wird vorgeworfen, ihn nur aus Geldgründen geheiratet zu haben. Warum er sie geheiratet hat wird dabei nie hinterfragt. Dass Amber Heard kein “perfektes” Opfer ist, sich möglicherweise gewehrt hat, ebenfalls missbräuchlich war, nutzen Johnny Depp-Fans, um ihr das Opfer-Dasein komplett abzusprechen.

Auch die neue Doku reproduziert die “Hasskampagne” auf Amber Heard, obwohl das Ziel war, eine möglichst neutrale Haltung zu wahren. Die Stimmen, die Heard verteidigen lassen sich an einer Hand abzählen, während Depp-Verfechter*innen pausenlos Bühne für ihre haltlosen, sexistischen Annahmen geboten wird. Mit kritischem Blick lässt sich aus der Doku trotzdem viel ziehen, allen voran eine Zusammenfassung des Prozesses und der Reaktion der Öffentlichkeit, die fassungslos macht.

Text: Paula Steiner

Quellen:
https://jezebel.com/depp-v-heard-netflix-review-1850701333
https://missy-magazine.de/blog/2023/07/10/der-schale-kater/
https://filmloewin.de/ein-lehrstueck-in-misogynie-die-hasskampagne-gegen-amber-heard/

 

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