Ein klassischer Fall von Morbus Mediterraneus?

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Morbus Mediterraneus – was bedeutet das?

Wer im Gesundheitswesen arbeitet, kennt viele medizinische Fachbegriffe und Diagnosen. Unter anderem wird Mensch sicherlich schon einmal über die Begrifflichkeit Morbus Mediterraneus oder Morbus Bosporus gestolpert sein.
Mit einer medizinischen Fachdiagnose hat das jedoch wenig zutun.

Morbus kommt aus dem Lateinischen und bedeutet etwa Krankheit.
Um zu spezifizieren, worum es sich bei dieser Erkrankung handelt,
wird oftmals der Name der Person verwendet, die erstmals genauer das Krankheitsbild beschrieben hat.
So wurde das Morbus Crohn Leiden nach dem US-amerikanischen Magen-Darm Spezialisten Burrill Bernard Crohn benannt.

Doch Morbus Mediterraneus oder das Synonym Morbus Bosporus ist weder ein Krankheitsbild, noch ist es eine Diagnose.
Diese Beschreibung wird oftmals genutzt bei Menschen, die aus dem Mittelmeerraum stammen, aber auch bei PoC. Diesen Menschen wird nachgesagt, dass sie ihre Schmerzen überdramatisiert darstellen. Unterstellt wird, dass sie sich gar nicht so schlecht fühlen können, wie sie es zum Ausdruck bringen.

Verkannt wird dabei, dass in diesen Kulturkreisen oft Akzeptanz oder Anerkennung fehlt, wenn ein somatischer Schmerz bedingt ist durch eine psychische evtl. traumatische Ursache.
Selbst wenn es dem/der Patient:in gelingt, die Ursache rauszufiltern, könnte auch die Sprache ein Hindernis für verständliche Artikulation darstellen. Morbus Mediterraneus ist ein abwertender Begriff, der entstanden ist, um Stigmatisierung und Vorurteil in der medizinischen Welt einen Namen zu geben.

Warum ist das so problematisch?

Weil dadurch eine ganze Personengruppe subsumiert und angezweifelt wird.
Ebenfalls wird deutlich, dass sich die Medizin vor allem am Standardpatient orientiert, der weiß und männlich ist, und vor allem unsere Sprache spricht. Rassismus und Diskriminierung finden leider auch in der Medizin ihren Platz, ob Klinik, Rettungsdienst oder Ähnliches.
Sobald nicht die Standardpatientin oder der Standardpatiernt vor einem sitzt, herrscht Aversion oder Unverständnis.
Das kann zu Fehldiagnosen und im schlimmsten Fall zum Tode von Patient:innen führen.

Der nationale Aktionsplan gegen Rassismus der Bundesregierung von 2017 zeigt auf, dass eine weniger umfassende medizinische Behandlung erkennbar und eine erhöhte Suizidrate bei türkischen Menschen oder solchen mit derselbigen Migrationsbiographie vorhanden ist. Wünschenswert wäre es, wenn viel mehr PoC in medizinischen Berufen arbeiten würden,
und eine stetige und gute Aufklärungsarbeit vorhanden wäre. Interkulturelle Sensibilität sollte ein hoher Standard sein und in der Theorie sowie Praxis ihren Raum finden.

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