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Der NSU-Prozess ist einer der komplexesten Prozesse der jüngeren deutschen Geschichte.
Die traurige Bilanz des NSU: Bombenanschläge, Raubüberfälle, Morde – darunter neun Menschen mit türkischer, kurdischer und griechischer Herkunft. Der Jahre andauernde Prozess über die Mordserie der rechtsextremen Terrorzelle ist zwar rechtskräftig abgeschlossen, jedoch birgt er den Eindruck bis heute, dass trotz intensiver Aufarbeitung vieles unvollständig ist. Der Prozess offenbart beängstigende Einblicke in das Behördenversagen. Jahrelang wurde den Opfern mit Migrationshintergrund eine Verwicklung in die Taten unterstellt. Gleichzeitig schlossen nahezu sämtliche mit der Sache befasste Beamte einen rechtsextremen Hintergrund der Täter aus. Was wäre gewesen, wenn die Opfer deutsche Namen und die Täter nichtdeutsche Namen getragen hätten?
Övül und Mustafa Avkiran nähern sich diesem Thema in ihrer ersten Inszenierung als
Neuberliner*innen, um sich gegen das Vergessen zu stellen. Der Abend ist dabei weit mehr als eine dokumentarische Wiedergabe von Fakten. In einer stark rhythmisierten Inszenierung zwischen Performance, Tanz- und Sprechtheater, versucht das Ensemble die Brutalität und die Tragweite des NSU fühlbar zu machen. Durch die Besetzung mit drei Darsteller*innen ohne sichtbaren Migrationshintergrund, stellt sich nicht zuletzt auch die Frage nach Repräsentation: Wie positioniert sich die Mehrheitsgesellschaft gegen rechten Terror, was haben wir eigentlich damit zu tun, wie können wir uns solidarisieren und strukturellen Rassismus durchbrechen?
Anlass für uns ein solches Stück auf die Bühne zu tragen ist, nichts vergessen zu lassen.
Das Stück soll uns in Erinnerung bringen, was immer noch latent gegenwärtig ist: der radikale Terror von rechts. Das Ensemble bringt uns die Tatsachen und die Realität vor Augen, um uns wach zu rütteln. Dieses Stück will ein Weckruf sein, dass diese grausamen Taten im Untergrund weiterhin vorhanden sind. Es ist bitter, zum Teil lächerlich und erreicht die Dimension des Grotesken.
Autor: Tuğsal Moğul
Regie: Mustafa Avkıran & Övül Avkıran
Dramaturgie: Saliha Kerkhoff
Lichtdesign: Serdar Demirdas
Projekt: Interkulturell-Aktiv e.V.
Mit: Freya Kreutzkam, Lukas David Schmidt, Jonas Broxtermann
Termine:
07. April 2024
18. April 2024
19. April 2024