Im dritten Teil unserer Reihe türkischer Ikonen haben wir vier ganz unterschiedliche musikalische Größen für euch. Protestsongs, Kontroversen, Stimmen die zu Tränen rühren und ein bisschen Kitsch dürfen dabei nicht fehlen.
Bülent Ersoy (geb. 1952) – Sängerin
Mit ihren Hits „Geceler“, „Beddua“, und „Maazallah“ wurde Bülent Ersoy zur Grand Dame der türkischen Musikbranche. Ersoy wurde 1952 in Malatya geboren und begann erst eine Karriere als klassischer Sänger und Schauspieler.
Im Jahr 1981 unterzog sie sich einer Geschlechtsangleichung. Kurz darauf wurden ihre öffentlichen Konzerte und Auftritte in der Türkei durch ein Gesetz verboten, woraufhin sie 1983 das Land verließ. In dieser Zeit hielt sie sich hauptsächlich in Deutschland auf, bis das Gesetz 1989 gelockert wurde. Bülent Ersoy kehrte 1989 wieder zurück in die Türkei.
Viele TürkInnen lieben ihre Musik, ganz unabhängig von Alter, Herkunft, politischer Einstellung. Doch die queere Szene hadert mit Ersoy. Bis heute lebt die Sängerin fernab von LGBTIQ*-Organisationen und politischen Kämpfen. Sie setzt sich weder für die Rechte von trans Personen ein, noch thematisiert sie ihre eigenen Erfahrungen als trans Frau öffentlich.
Bülent Ortaçgil (geb. 1950) – Komponist und Sänger
Seine sanfte Stimme ist unverwechselbar und rührt zu Tränen. Der Gitarrist, Sänger und Songwriter Bülent Ortaçgil wuchs als Sohn eines Arztes in Istanbul auf. Er wurde in seiner Jugend von Größen wie den Beatles, Cat Stevens, Donovan und Bob Dylan inspiriert.
Neben seinem Chemie-Studium fing er an, seine ersten Solos zu schreiben und in Kadiköy (Istanbul) aufzuführen. In einem Mix aus Volk-Rock und Jazz brachte er 1974 sein erstes Album „Benimle Oynar Mısın“ raus. Eines seiner berühmtesten Lieder ist Sensiz Olmaz, das schon mehrmals gecovert wurde. (Sorry für den Ohrwurm, den wir euch jetzt verpasst haben)
Duman – Rockband
Gibt es jemanden, der nicht als Jugendlicher ihre Lieder voller Leidenschaft mitgesungen hat? Duman sind die türkischen Grunge Rock-Helden der 90er und frühen 2000er.
Nachdem der Kern der Truppe zunächst Mad Madame gegründet hatte, ging Frontsänger Kaan Tangöze nach Seattle, um zu studieren. Während seines Studiums verspürte er wohl starke Sehnsucht nach der türkischen Musik und Sprache und fing an, türkische Songtexte zu schreiben. Heute besteht die Band aus Frontsänger Kaan Tangöze (berühmt für seine lässigen Jogginghosen-Outfits auf Konzerten und seine helle Stimme), dem Bassisten Ari Barokas, dem Gitarristen Batuhan Mutlugil und ihren Schlagzeugern Cengiz Baysal und Alen Konakoglu.
Mit dem Cover Song Hersey Yak (Original von Sezen Aksu) gingen Duman endgültig durch die Decke. Darauf folgten legendäre Alben. Bekannt ist die Band auch für ihre tiefgreifenden Songtexte, die oft an Gedichte erinnern.
Ihr letztes Album Darmaduman kam 2013 heraus, inklusive einer Hymne als Hommage an die Gezi-Proteste in Istanbul. Es lohnt sich einen Blick in die Lyrics der Hymne Eyvallah zu werfen.
Zeki Müren (1931 bis 1996) – Dichter, Komponist, Sänger
Mit 19 Jahren hatte Zeki Müren seinen ersten Auftritt in den Medien, das war 1951. Als erster Türke mit einer Goldenen Schallplatte im Gepäck, komponierte er im Laufe seiner Karriere über 100 Lieder, nahm über 200 Songs auf und schrieb fast genau so viele Gedichte.
Er wirkte androgyn, trat aber nie als Drag Queen auf, sondern blieb als Mann erkennbar. Es wurden ihm sowohl Affairen zu Frauen als auch Männern nachgesagt, zu denen er sich jedoch nie direkt bekannte. Wenn es um LGBT in der Türkei geht, werden oft Zeki Müren und Bülent Ersoy nebeneinander genannt. Die beiden trafen sich jedoch nie.
Sein Markenzeichen war seine präzise Artikulation der türkischen Sprache und seine ausgefallenen Kostüme, die er selbst entwarf. Federn, Glitzer und Plataeuschuhe durften dabei nicht fehlen. Aus dem Grund wurde Müren oft mit dem amerikanischen Star Liberace verglichen. Viele seiner legendären Kleidungsstücke sind heute im Zeki Müren Museum in Bodrum zu besichtigen.
In Teil 4 dieser legendären Reihe erwarten euch wieder drei türkische Schauspielikonen, die eigentlich auch anderweitig Karriere hätten machen können, aber zum Glück zur Schauspielerei gekommen sind…