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Gesellschaft & Geschichten

Du siehst gar nicht so kanackig aus!

Blaue Augen, glattes Haar und ein gebleichter Damenbart – alles schön, nur nicht anatolisch. Das Äußere einer türkischen Frau ist erst dann interessant, wenn sie nicht aussieht wie eine.

„Du siehst gar nicht aus wie eine Türkin“, ist eines der schönsten Komplimente, das man einer türkischen Frau machen kann. Wir, und damit meine ich die ganze Welt, sind so auf das westliche Schönheitsideal fixiert, dass ich mich jedes Mal selbst beim inneren Aufspringen erwische, wenn mich jemand mit einer Französin oder Italienerin verwechselt. Meine europäischen Sommersprossen um meine nichtanatolische Nase werden ganz rot vor Scham und ich antworte so peinliche, selbstleugnende Dinge wie: „Ja, ne? Das sagen voll viele.“

Wie neulich als mich ein junger Mann mit den lieblichen Worten umschwärmte:

„Du siehst gar nicht kanackig aus. Du siehst aus wie eine Lady.“ In seinem Gehirn waren Türkinnen wohl eher in der Region „Oha!“ und nicht „Oh la la!“ abgespeichert.

Generell hat Natürlichkeit im Orient nicht viel zu tun mit Schönheit. Wenn man als türkische Frau zu natürlich ist, gilt man als ungepflegt. Sich pflegen heißt: militärisch genau gezupfte Augenbrauen, 8fach-Volumen-Wimpern, Autobahnmarkierungen auf den Lidern und 145 IPL-Laser-Haarentfernungssitzungen. Das ist ungefähr auch das Beauty-Programm, dass pubertierenden jungen Türkinnen ab dem ersten Tag ihrer Periode mit auf den Weg gegeben

Wir sind doch kein Rohbau!

Wenn man sich bis zu seinem vierzehnten Lebensjahr nicht den Regeln der künstlich-verstellenden Schönheit unterzieht, ist man eine Zecke, ein Punk, ja ein Nirvana-Fan. Und das sind unter Türkinnen keine Komplimente.

Ich weiß noch, dass ich mir entgegen meiner inneren Einstellung und absoluten Lustlosigkeit schmerzende blaue Billigkontaktlinsen in die Augen geschossen, meine Locken mit einem Dampfbügeleisen geglättet und mir stinkenden Selbstbräuner ins Gesicht geschmiert habe. Alles nur, um noch weniger wie eine Türkin auszusehen.

Die heute so viel besungene ungezwungene Natürlichkeit gilt nicht für Frauen, die sich erst in eine Wanne mit Heißwachs legen müssen, um den Nude-Look zu bekommen.

Denn bei uns ist man erst wer, wenn man nicht mehr man selbst ist, sondern sich so sehr restauriert, bis man die beste europäische Version einer Türkin geworden ist.

Wir sollten unseren Töchtern und Schwestern nicht vorleben, dass sie nur ein Rohbau sind, der durch den richtigen Einsatz von Sanierungsmaßnahmen zu einem prachtvollen Schloss werden kann. Denn auch mit buschigen Augenbrauen, drahtigen Locken und kohlschwarzen Olivenaugen ist man nicht langweilig kanackig, sondern eine ganze Lady.

Titelbild: Joanna Mühlbauer

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